Eine neue Veröffentlichung soll helfen, die Herkunft von menschlichen Überresten aus ehemaligen Kolonialgebieten in deutschen Museen zu klären.
Berlin – Eine neue Veröffentlichung soll helfen, die Herkunft von menschlichen Überresten aus ehemaligen Kolonialgebieten in deutschen Museen zu klären. Die am Freitag vorgestellte Arbeitshilfe „Interdisziplinäre Provenienzforschung zu menschlichen Überresten aus kolonialen Kontexten“ des International Council of Museums (ICOM) Deutschland, des Deutsches Zentrum Kulturgutverluste sowie des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charite richte sich an alle Museen und Universitäten in denen seit der Kolonialzeit noch unbestimmte Schädel, Skelettteile oder Gebeine lagerten.
Aus einem Sammlungsobjekt kann wieder ein Mensch werden
Das Werk solle dabei helfen, die Herkunft der Überreste zu ermitteln. Durch die Erforschung seiner Provenienz könne aus einem anonymisierten Sammlungsobjekt wieder ein Mensch und im besten Falle eine Lebensgeschichte sichtbar gemacht werden, hieß es. Dadurch könnten die Zusammenarbeit mit den Nachkommen sowie die Rückführung der Gebeine in ihre Heimat bis hin zu ihrer Wiederbestattung durchgeführt werden.
„Jahrzehntelang hat es die Forschung und damit auch die Museumswelt versäumt, diese menschlichen Überreste in anthropologischen Sammlungen, insbesondere in ethnologischen Museen, kritisch zu reflektieren sowie einen würdigen, respektvollen Umgang mit den Verstorbenen zu finden“, kritisierte die Präsidentin von ICOM Deutschland, Beate Reifenscheid. Bei menschlichen Überresten handle es sich um besonders sensible Sammlungsobjekte, betonten die Autoren.
Arbeitshilfe für Museen
Die Arbeitshilfe ist demnach gedacht für biologisch-anthropologische, anatomische und medizinhistorische Sammlungen menschlicher Überreste vor allem an Universitäten und Museen in Deutschland. Sie enthält ausführliche Hinweise zu historischen und anthropologisch-naturwissenschaftlichen Methoden der Provenienzforschung sowie zur Dokumentation der Rechercheergebnisse. Erörtert werden ebenso die transkulturellen und transnationalen Dimensionen von Provenienzforschung.
Über Herkunftsforschung und Restitution von kolonialen Raubgütern wurde zuletzt wieder vermehrt diskutiert. Erst am vergangenen Freitag unterzeichneten Politikerinnen und Politiker aus Deutschland und Nigeria eine politische Absichtserklärung, die den Weg für Eigentumsübertragungen von mehr als 1.100 Objekten – die sogenannten Benin-Bronzen – freimachen soll. Bislang lagerten die Bronzen in den Beständen deutscher Museen lagern.