Der Vater eines ehemaligen Chorknaben, der von Kardinal George Pell sexuell missbraucht worden sein soll, hat zivilrechtliche Schritte gegen den Kardinal und das Erzbistum Melbourne eingeleitet.
Sydney – Der Vater eines ehemaligen Chorknaben, der von Kardinal George Pell sexuell missbraucht worden sein soll, hat zivilrechtliche Schritte gegen den Kardinal und das Erzbistum Melbourne eingeleitet. Der Mann klage wegen eines „nervösen Schocks“, den er erlitten habe, nachdem er von der Polizei über den mutmaßlichen sexuellen Missbrauch seines Sohnes durch Pell informiert worden sei, berichtet das australische Nachrichtenportal ABC (Donnerstag). Er fordere Schmerzensgeld und Schadenersatz. Sein Sohn war 2014 gestorben.
Der heute 81-jährige Pell war 2018 von einem Gericht in Melbourne wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs von zwei Chorknaben in seiner Zeit als Erzbischof von Melbourne in den 90er Jahren zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 2020 wurde er jedoch vom Obersten Gerichtshof aus Mangel an Beweisen freigesprochen und aus dem Gefängnis entlassen.
Lisa Flynn von der Anwaltskanzlei Shine Lawyers, die den Vater vertritt, sagte zu ABC, die strafrechtlichen Verfahren und das Urteil des Obersten Gerichts hätten keine Bedeutung für zivilrechtliche Verfahren. „Der Oberste Gerichtshof hat einige Entscheidungen in Bezug auf die Strafverfolgung gegen Pell getroffen. Unser Fall ist ein Zivilverfahren gegen George Pell und die katholische Erzdiözese. Es gibt verschiedene Wege zur Gerechtigkeit“, so Flynn. Das Erzbistum äußerte sich auf eine ABC-Anfrage bislang nicht.
Von möglichen zivilrechtlichen Verfahren gegen Pell war bereits während der Strafrechtsprozesse die Rede. Rechtsexperten gehen davon aus, dass die Passagen über die Rolle Pells beim Umgang mit Missbrauchsfällen im Abschlussbericht der staatlichen Missbrauchskommission sowie Falschaussagen vor der Kommission Grundlagen für zivilrechtliche Verfahren bieten könnten. Zudem sind weitere zivilrechtliche Klagen wie die jetzige von mutmaßlichen Betroffenen oder ihren Familien möglich.
Zivilrechtsprozesse sind nach Ansicht von Juristen für Pell gefährlicher als strafrechtliche Verfahren. Während im australischen Rechtssystem bei Strafrechtsverfahren die Schuld eines Angeklagten zweifelsfrei bewiesen werden muss, reicht bei Zivilrechtsverfahren Plausibilität für eine Verurteilung.