Angesichts einer überbordenden Gewalt in Mexiko verstärkt die katholische Kirche ihr gesellschaftliches Engagement.
Mexiko-Stadt – Angesichts einer überbordenden Gewalt in Mexiko verstärkt die katholische Kirche ihr gesellschaftliches Engagement. Für kommenden Sonntag haben die Bischofskonferenz, die Konferenz der höheren Ordensoberen sowie der jüngst von zwei Morden an Geistlichen betroffene Jesuitenorden alle Gläubigen dazu aufgerufen, Fotos von Freunden oder Familienmitgliedern, die durch Gewalt ums Leben gekommen sind oder vermisst werden, in die Gottesdienste mitzubringen. Alle Priester sollten ein besonderes Gebet für die Ermordeten oder Verschwundenen sprechen und „um Wahrheit und Gerechtigkeit sowie um Trost für ihre Angehörigen bitten“, hieß es in einem am Montag (Ortszeit) veröffentlichten gemeinsamen Schreiben von Bischofskonferenz und Ordensgemeinschaften.
Man wolle eine Geste des Willkommens setzen sowie des „Gedenkens an das Leiden Christi in unserem Land“, so die Kirchenspitzen. Jetzt sei die Zeit, „um unser durch die Gewalt beschädigtes soziales Zusammenleben wieder aufzubauen“ und für den Frieden zu arbeiten.
Froh äußerten sich die Bischöfe und Ordensvertreter zudem über den enormen Widerhall eines Gebetstages für Frieden im Land, bei dem bereits am 10. Juli insbesondere der ermordeten Priester und Ordensleute gedacht wurde. Neben Pfarren, Laienbewegungen und Orden hätten sich auch andere religiöse Gemeinschaften und gesellschaftliche Gruppen angeschlossen, hieß es. Auch für den letzten Julisonntag – der 31. Juli ist auch Gedenktag des Jesuiten-Gründers Ignatius von Loyola – kündigten die Kirchenvertreter Aktionen und einen „Tag des Gebets für die Bekehrung der Täter“ an.
Derzeit durchlebt Mexiko eine der gewalttätigsten Phasen seiner jüngeren Geschichte. In den ersten dreieinhalb Jahren der Regierung von Präsident Andres Manuel Lopez Obrador wurden über 121.000 Tötungsdelikte registriert. Damit dürften in den zweieinhalb Jahren der noch verbleibenden Amtszeit die mehr als 156.000 Morde in den sechs Jahren der Regierung seines Vorgängers Enrique Pena Nieto übertroffen werden, so Beobachter. In der ersten Jahreshälfte 2022 wurden bisher erneut 14.000 Morde registriert, zudem liegen derzeit 18 der 50 Städte mit der weltweit höchsten Gewaltrate in Mexiko. Auch die katholische Kirche zählt zu den Opfern: Einem aktuellen Bericht des Centro Catolico Multimedial (CCM) zufolge wurden in den vergangenen drei Jahrzehnten ein Kardinal und 57 katholische Priester in Mexiko ermordet.