Der frühere Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln, Patrick Bauer, kritisiert die aktuelle Stellungnahme der Bistumsleitung zur PR-Strategie bei der Missbrauchsaufarbeitung.
Von Anita Hirschbeck (KNA)
Köln – Der frühere Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum Köln, Patrick Bauer, kritisiert die aktuelle Stellungnahme der Bistumsleitung zur PR-Strategie bei der Missbrauchsaufarbeitung. „Ich fühle mich wieder einmal absolut nicht ernst genommen“, sagte er am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Dr. Assmann spricht von Transparenz, die nicht gegeben war, zu keinem Zeitpunkt.“
Der Verwaltungsleiter des Erzbistums, Generalvikar Guido Assmann, hatte am Mittwochabend erklärt, die Betroffenen hätten ein „berechtigtes Interesse an Transparenz“. Ihre Perspektive sei „immer und ausschließlich“ handlungsleitend für das Erzbistum gewesen.
Assmann äußerte sich nach Kritik an einer PR-Strategie, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ enthüllt hatte. Demnach rieten PR-Berater in einem Konzeptentwurf mit der Überschrift „Wie ‚überlebt‘ der Kardinal bis März 2021“ Erzbischof Rainer Maria Woelki und seinem früheren Generalvikar Markus Hofmann unter anderem, den Betroffenenbeirat auf ihre Linie zu bringen, was einen Gutachter-Wechsel im Oktober 2020 anging. Die Berater sollen Tipps gegeben haben, wie dieses Ziel zu erreichen und die Betroffenen zu überzeugen seien. So sollten Woelki und Hofmann „Emotionen“ zeigen und „Joker“ in der Hinterhand haben, etwa das Angebot des Erzbischofs, sich für zügigere Anerkennungszahlungen an Missbrauchsopfer einzusetzen.
Assmann hielt dem nun entgegen, es habe nie das Ziel gegeben, die Betroffenen „zu einem bestimmten Stimmverhalten zu animieren“. Es sei nie Druck auf die Mitglieder ausgeübt worden. „Weder wollten wir instrumentalisieren noch auch einen solchen Verdacht irgendwie nähren.“ Assmann ist seit 1. Juli Generalvikar in Köln. Er habe sich „umfangreich“ über die Vorgänge im Oktober 2020 sachkundig gemacht, sagte er.
Bauer, der an besagtem Treffen teilgenommen hatte, sprach von einer „durchgestylten“ Sitzung. Später sei ihm klar geworden, dass das Erzbistum die neuen Gutachter zum Zeitpunkt des Treffens bereits beauftragt habe: „Das hat nichts mit Transparenz zu tun.“
Der Zeitungsbericht über die PR-Strategie hatte auch unter ranghohen Kirchenvertretern Kritik hervorgerufen. Der Bonner Stadtdechant Wolfang Picken zeigte sich nun erleichtert, dass sich das Erzbistum nach mehreren Tagen des Schweigens geäußert hat. Allerdings wandte er ein: „Eine direkte Erklärung von Kardinal Woelki würde authentischer und hilfreicher sein.“ Er riet dem Erzbischof zudem, direkt mit den früheren Mitgliedern des Betroffenenbeirats zu sprechen, um Missverständnisse auszuräumen. Laut Bauer ist seit seinem Rückzug aus dem Gremium niemand aus der Bistumsspitze auf ihn zugegangen.
Das Erzbistum Köln hatte eine Münchner Anwaltskanzlei mit einem Aufarbeitungsgutachten zu Missbrauchsfällen beauftragt. Ende Oktober 2020 gab die Bistumsleitung überraschend bekannt, dass diese Untersuchung nicht wie vorgesehen veröffentlicht werde, da sie mangelhaft und nicht rechtssicher sei. Dies habe man zusammen mit dem Betroffenenbeirat entschieden. Stattdessen erhielt eine Kölner Kanzlei den Auftrag für ein neues Gutachten.
Unter anderem an dieser Entscheidung entzündete sich eine Vertrauenskrise im Erzbistum. Woelki nahm die Dienste von Kommunikationsberatern in Anspruch, die mehrere Hunderttausend Euro kosteten. Mittlerweile bot Woelki nach Aufforderung des Papstes seinen Rücktritt an. Franziskus hat über das Gesuch noch nicht entschieden.