Der Vertreter von Laien im Erzbistum Köln, Tim Kurzbach, fordert eine zweite Auszeit für Kardinal Rainer Maria Woelki.
Frankfurt – Der Vertreter von Laien im Erzbistum Köln, Tim Kurzbach, fordert eine zweite Auszeit für Kardinal Rainer Maria Woelki. Über einen Rücktritt des Erzbischofs müsse zwar Papst Franziskus entscheiden, sagte der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken im Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montag). Er finde jedoch: „Woelki braucht eine zweite Auszeit, die länger dauert. Ich hoffe, dass jetzt bald jemand Verantwortung im Sinne der Menschen im Erzbistum Köln übernimmt.“
Kurzbach warf Woelki vor, die Unwahrheit über seine erste, fünfmonatige Auszeit sowie sein Rücktrittsangebot gesagt zu haben. Beides sei nicht freiwillig erfolgt, sondern vom Papst verordnet worden, so der Laienvertreter. Auch was die Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) angehe, sei die „Grenze zur Unwahrheit“ überschritten worden. Das Erzbistum habe versprochen, für diese Einrichtung keine Kirchensteuermittel aufzuwenden. Nun heiße es, gemeint gewesen sei nur die Anschubfinanzierung.
„Während Millionen für diese Hochschule ausgegeben werden, diskutieren wir darüber, ob Opfer sexuellen Missbrauchs 5.000, 10.000 oder 50.000 Euro Entschädigung bekommen sollen“, monierte Kurzbach. Auch bei Caritas und Kirchengemeinden werde gespart. Der Laienvertreter forderte ein Einschreiten der anderen deutschen Bischöfe.
Am frühen Montagmorgen sperrte die katholische Reformgruppe Maria 2.0 symbolisch den Zugang zur Verwaltungszentrale der Erzdiözese. Am Wochenende hatten zudem 21 Bistumsmitarbeitende einen Neuanfang mit „personellen und systemischen Veränderungen“ gefordert. Der Remscheider Stadtdechant Thomas Kaster verlangte ein klares Wort des Papstes zu Woelki. Kurzbach erklärte, der Vatikan habe „panische Angst“ vor den Reformbemühungen der katholischen Kirche in Deutschland, dem Synodalen Weg. Dabei habe die Krise in Köln damit nichts zu tun. Es gehe nicht um „konservativ gegen progressiv“, sondern um „Missmanagement und um die fehlende Liebe zu den Menschen und zum Evangelium“.
Die neuerliche Kritik entzündet sich vor allem an einer Berichterstattung des „Kölner Stadt-Anzeigers“ zur PR-Strategie der Bistumsleitung in Sachen Missbrauchsaufarbeitung. Demnach rieten Kommunikationsexperten Woelki und anderen Bistumsvertretern dazu, in einer Sitzung mit dem Betroffenenbeirat „Emotionen“ zu zeigen und „Joker“ in der Hinterhand zu haben, wie etwa das Angebot, sich für zügigere Anerkennungszahlungen einzusetzen. So sollte ein bestimmtes Abstimmungsverhalten des Gremiums erzielt werden.
Viele Betroffene, Laien und Seelsorgende sehen darin eine Instrumentalisierung von Missbrauchsopfern. Auch ranghohe Kirchenvertreter äußerten ihren Unmut. Der Kölner Generalvikar Guido Assmann widersprach dem Vorwurf. Die Perspektive der Betroffenen sei „immer und ausschließlich“ handlungsleitend für die Bistumsspitze gewesen.
Vor allem wegen der Missbrauchsaufarbeitung ist im Erzbistum Köln eine Vertrauenskrise entstanden, in die sich vergangenes Jahr der Papst einschaltete. Er schickte Woelki in eine fünfmonatige Auszeit und forderte ihn auf, ein Rücktrittsgesuch vorzulegen. Franziskus‘ Entscheidung über den Rücktritt steht seit mehreren Monaten aus.