Mehr Synodalität – und keine Diskriminierung mehr von Frauen, Geschiedenen und queeren Menschen: Diese Botschaft sendet die Schweizer Kirche nach Rom.
Zürich – Wer knallharte Forderungen erwartet, dürfte beim Lesen des Schweizer Schlussberichts für die katholische Weltbischofssynode 2023 enttäuscht sein. Der Ton ist sachlich, die Wünsche sind wohldosiert. Das passt zur Schweizer Tonalität, wo die Menschen weniger forsch miteinander kommunizieren als im großen Kanton Deutschland.
Bereits im Vorfeld hatte der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz, Felix Gmür, darum gebeten, auf das Wort „Forderungen“ zu verzichten – denn darauf reagiere Rom allergisch. Keine Forderungen, dafür aber viele Wünsche und Anregungen gehen nun von Rhein und Rhone nach Rom. In manchen Bereichen ist die Schweiz schon seit Jahrzehnten weltweit Pionierin – wenn es etwa darum geht, dass auch Laiinnen und Laien Gemeinden leiten, Kinder taufen und Paare trauen dürfen.
An diese Erfahrungen möchten die Schweizer Katholikinnen und Katholiken anknüpfen und vorwärts gehen. Der Schweizer Schlussbericht wünscht sich eine synodale Kirche, die „die königliche, priesterliche und prophetische Würde und Berufung“ der Getauften anerkennt. Soll heißen: Auf die Taufe kommt es an. Und: Auch Frauen, Geschiedene und queere Menschen sollen geweiht werden können.
Die Schweiz besteht aus vier Landesteilen mit eigenen Sprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Jeder Landesteil bringt eine eigene kirchliche Färbung mit. Während die Deutschschweiz als relativ progressiv gilt, ist die Westschweiz französisch geprägt und das Tessin italienisch. Die Partizipation von Laiinnen und Laien ist hier weniger verbreitet. Doch das soll sich ändern.
Der Schlussbericht hebt zwei Punkte hervor. Zum einen dürften Menschen nicht mehr ausgeschlossen werden – etwa Frauen, Geschiedene und queere Menschen. Zum anderen kritisiert das Papier den „teilweise noch vorhandenen Klerikalismus“. Dabei könne Synodalität nur gelingen, „wenn der Klerikalismus überwunden wird und sich zunehmend ein Verständnis des Priesteramtes als ein Element entwickelt, das das Leben einer stärker synodal ausgerichteten Kirche fördert“.
Der Bericht ist das Ergebnis monatelanger Arbeit. So vielfältig die Schweiz ist, so verschieden haben die Bistümer den synodalen Prozess gestaltet. Der Bischof von Basel, der zugleich Bischofskonferenz-Vorsitzender ist, setzte mit einer breit angelegten Kampagne die Messlatte hoch. „Wir sind Ohr“ war an Schweizer Bahnhöfen auf Plakaten zu lesen. Die Fotomontage zeigte Papst Franziskus und den Basler Bischof Gmür, wie sie sich beide ans Ohr fassen und sich ums Zuhören bemühen.
Die Gläubigen sollten sich in Fünfergruppen zusammentun und verschiedene Fragen beantworten. Die Ergebnisse der drei deutschsprachigen Diözesen Basel, Chur und St. Gallen fielen klar und deutlich aus. 77 Prozent der synodalen Gruppen im Bistum Basel fanden, die Kirche schließe Frauen aus. Auf queere Menschen entfielen 64 Prozent, und auf Geschiedene 61 Prozent. Die anderen Bistümer wählten andere Wege und setzten vor allem auf Dialoggruppen in den Pfarreien. Doch auch hier kamen ähnliche Ergebnisse heraus. Vertreterinnen und Vertreter aus den einzelnen Diözesen und den Landeskirchen berieten Ende Mai am Marienwallfahrtsort Einsiedeln über die Resultate. Daraus ist nun der Abschlussbericht entstanden.
Mit großem Interesse verfolgt die Schweiz, wie sich der Synodale Weg in Deutschland entwickelt. Die Schweizerinnen und Schweizer teilen viele Reformanliegen des Projekts. Viele hätten es begrüßt, wenn sich auch die Schweizer Bischöfe auf ein ähnlich ambitioniertes Vorhaben eingelassen hätten.
Zum Schweizer Understatement gehört es auch, klarzumachen, wie gering das Interesse am synodalen Prozess insgesamt war: Die Teilnahme an den synodalen Gesprächen sei durch Menschen geprägt gewesen, „die kirchennah und zum Beispiel in Pfarreien engagiert sind“, hält der Schlussbericht fest. „Die Haltungen und Einstellungen der vielen kirchendistanzierten Kirchenzugehörigen wurden kaum erfasst.“