Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz hat die im Oktober 2021 von Israel beschlossene Einstufung mehrerer palästinensischer Nichtregierungsorganisationen als terroristische Vereinigungen bestätigt.
Jerusalem/Ramallah – Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz hat die im Oktober 2021 von Israel beschlossene Einstufung mehrerer palästinensischer Nichtregierungsorganisationen als terroristische Vereinigungen bestätigt. Die Organisationen fungierten als „Ableger der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP)“ und arbeiteten „unter dem Deckmantel, humanitäre Aktivitäten durchzuführen, um die Ziele der PFLP-Terrororganisation zu fördern“, heißt es in einer vom israelischen Regierungspressebüro (GPO) am Mittwochabend verbreiteten Mitteilung.
Den Organisationen wird darin vorgeworfen, der PFLP bei der Beschaffung von Geldern „durch eine Vielzahl von Methoden, darunter Fälschungen und Betrug“, zu helfen.
Zu den von Gantz als terroristische Vereinigung eingestuften NGOs gehört der Think Tank „Bisan“, der Häftlingsverband „Addameer“ sowie die sich für Frauenrechte in Palästina einsetzende „Union of Palestinian Women’s Committees“. Die drei NGOs hatten laut Mitteilung keinen Widerspruch gegen ihre Einstufung als terroristische Organisationen in Israel eingelegt.
Gleichzeitig habe die zuständige Stelle in der israelischen Armee die von fünf weiteren Organisationen eingereichten Rechtsmittel gegen ihre Einstufung als terroristische Organisationen zurückgewiesen, darunter den Einspruch der Menschenrechtsorganisation Al-Hak. Die Einstufung sei Teil der israelischen Bemühungen zur Bekämpfung der Terrorfinanzierung, heißt es in der Mitteilung weiter.
Nach Bericht der Tageszeitung Haaretz stürmte die israelische Armee am Donnerstagmorgen die Büros mehrerer betroffener Organisationen im besetzten Westjordanland. Nach Angaben von Al-Hak beschlagnahmte die Armee dabei Gegenstände, versiegelte den Eingang und hinterließ einen Militärbefehl, der die Organisation für illegal erklärte. Der Anwalt der Organisation, Michael Sfard, verurteilte die Razzia laut Bericht als „verabscheuungswürdigen Akt des Verteidigungsministers, der die Ermittlungen in Den Haag vereiteln soll“.
Der Internationale Strafgerichtshof hatte im Februar 2021 den Weg für Ermittlungsverfahren zu möglichen Kriegsverbrechen in den Palästinensergebieten freigemacht. Das Gericht sei auch zuständig für die von Israel seit 1967 besetzten Gebiete wie das Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem und der Gazastreifen, urteilte es. Chefanklägerin Fatou Bensouda hatte im März 2021 bekanntgegeben, Ermittlungen zu Vorfällen während des Gaza-Krieges im Sommer 2014 aufzunehmen.
Bisher unbestätigten Berichten zufolge soll sich das Büro einer der durchsuchten Organisationen auf dem Gelände der anglikanischen Kirche in Ramallah befunden haben. Die Armee habe den gesamten Komplex zwei Stunden lang besetzt. Unter anderem sollen der Eingang der Kirche dabei beschädigt worden und Soldaten in das Kirchengebäude eingedrungen sein.
Angesichts der israelischen Bestrebungen, die Organisationen zu schließen, hatten Deutschland und acht weitere europäische Länder im Juli erklärt, man werde an der Zusammenarbeit mit den betroffenen Organisationen festhalten, solange Israel keine Beweise vorlege, die eine Einstufung als Terrororganisationen rechtfertige. Eine freie und starke Zivilgesellschaft sei für die Förderung demokratischer Werte und für die Zwei-Staaten-Lösung unerlässlich, hieß es in der gemeinsamen Erklärung.
Unterdessen wurde bei Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Armee am sogenannten Josefsgrab in Nablus am Donnerstagmorgen ein 18-jähriger Palästinenser erschossen. Mindestens 30 Palästinenser wurden verletzt, berichteten örtliche Medien unter Berufung auf den palästinensischen Roten Halbmond. Die Unruhen begannen, als rund 600 jüdische Gläubige unter Armeeschutz die Stätte besuchten. Die Armee setzte laut israelischen Medien Scharfschützen ein, als militante Palästinenser auf die Gläubigen schossen.
Zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und israelischen Soldaten kam es laut palästinensischen Medienberichten auch in den Städten Jenin, Al-Bireh und Ramallah im besetzten Westjordanland.