Das Verhältnis von Religion und Literatur, die im Weltraum spielt, hat sich nach Worten des Germanisten Philipp Theisohn verändert.
Berlin – Das Verhältnis von Religion und Literatur, die im Weltraum spielt, hat sich nach Worten des Germanisten Philipp Theisohn verändert. „Wenn man im 17. Jahrhundert auf Mondbewohner trifft, dann fallen die beim Ausruf ‚Jesus Maria‘ noch alle auf die Knie. Zweihundert Jahre später spricht man über Gott im All kaum noch“, sagte Theisohn im Interview der „Welt am Sonntag“. Gott könne in der „außerirdischen Literatur“ nur so lange existieren, „wie er im All keinen Ort hat, sondern selbst vielmehr Ort des Alls ist“.
Diese Veränderung habe etwas Unheimliches, fügte der Wissenschaftler hinzu, dessen „Einführung in die außerirdische Literatur“ Ende September erscheint. „Gott war ja im Zweifel immer erstmal gütig. Was hingegen aus dem Weltall zu uns und durch uns spricht, wissen wir nicht genau.“ Zugleich würden bekannte Erzählungen aus der Religion in der Science Fiction immer wieder aufgegriffen, etwa die Jakobsleiter oder der Sturz Luzifers.
Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts werde das menschliche Denken „von einem außerirdischen Bewusstsein unterspült“, erklärte Theison: „Wir wissen genau, dass der Raum, in dem wir leben, viel, viel größer ist als der Raum, in dem wir zu leben glauben.“ Dies habe auch die Bedingungen für Schriftsteller verändert im Vergleich zu vorigen Vorstellungen, in denen die Sterne „einfach göttliche Zeichen“ gewesen seien. „Mit dem Weltall als potenziell bewohnbarer Sphäre kommt etwas von außen in uns zu sich, etwas, das sich in uns und durch uns ausdrücken will. Die Literatur ist Seismograf dieses Bewusstseins.“