Der Strafprozess zum vatikanischen Finanzskandal ist nach mehrmonatiger Pause am Mittwoch fortgesetzt worden.
Vatikanstadt – Der Strafprozess zum vatikanischen Finanzskandal ist nach mehrmonatiger Pause am Mittwoch fortgesetzt worden. Über mehrere Stunden wurde die Befragung des ehemaligen Vatikanmitarbeiters Fabrizio Tirabassi weitergeführt. Dieser war im Staatssekretariat für Investitionen zuständig und wurde 2019 nach einer Razzia suspendiert. Im Auftrag seiner Vorgesetzten wickelte Tirabassi Geschäfte mit externen Finanzmaklern ab.
In der Befragung ging es auch um eine Art Provision, die Tirabassi von der Schweizer Bank UBS für das Vermitteln der vatikanischen Investmentfonds an die Bank erhielt. Diese sei Tirabassi in den Jahren 2004 bis 2009 gezahlt worden. Insgesamt sei dadurch, wie aus einem Dokument hervorgeht, eine zusätzliche Summe von rund 1,36 Millionen Euro zusammengekommen. Auch eine Münzsammlung, die in einem Haus seines Vaters gefunden wurden, kam bei der Befragung zur Sprache.
Im Kern geht es in dem Prozess um mögliche Straftaten beim Erwerb einer Londoner Immobilie. Hierbei sollen Medienberichten zufolge auch Spenden aus der päpstlichen Sammlung „Peterspfennig“ benutzt worden sein. Die Immobilie hat der Vatikan inzwischen mit einem Verlust von rund 130 Millionen Euro verkauft. Im Fall des angeklagten Kardinals Giovanni Angelo Becciu werden im Prozess zudem Geldüberweisungen in seine Heimatdiözese auf Sardinien behandelt.
Prominentester Angeklagter des Prozesses ist der sardische Kardinal Becciu. Neben ihm sitzen neun weitere Ex-Mitarbeiter oder vom Vatikan zwischenzeitlich beauftragte Personen auf der Anklagebank. Die Vorwürfe gegen die zehn Personen reichen von Unterschlagung, Korruption, Erpressung, Geldwäsche, Betrug über Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung.
Der in der Anfangsphase des Prozesses zentrale Zeuge Alberto Perlasca wird inzwischen vom Gericht als geschädigte Partei aufgeführt. Auf der zu befragenden Zeugenliste wird er nach derzeitigem Stand nicht geführt. Perlasca ist ehemaliger Verwaltungsleiter des Staatssekretariates.
Streit um seine Befragungen und deren teils fehlende Dokumentation hatten den Beginn der Verhandlungen im Sommer 2021 über Wochen verzögert. Zeitweise hatte die Strafverfolgung die Anklageschrift zurückgenommen, um sie zu überarbeiten. Bis Ende Oktober sind noch neun Gerichtstermine angesetzt. Am Donnerstag geht es mit der abschließenden Befragung des ebenfalls angeklagten Mailänder Rechtsanwalts Nicola Squillace weiter. Im Anschluss sollen erste Zeugen befragt werden.