Das Erzbistum begrüßte die Erklärung des früheren Bischofskonferenz-Vorsitzenden und Freiburger Erzbischofs Robert Zollitsch zu den Themen von sexualisierter Gewalt und Missbrauch in der katholischen Kirche.
Freiburg – Der frühere Bischofskonferenz-Vorsitzende und Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch hat nach langem Schweigen große Fehler und persönliche Schuld im Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Missbrauch in der katholischen Kirche eingeräumt. In einem am Donnerstag in Freiburg veröffentlichten neunminütigen Video bittet er die Opfer und ihre Familien um Verzeihung, „für das zusätzliche Leid, das Ihnen mein Verhalten bereitet hat“. Er wisse, dass er nicht erwarten könne, dass sie seine Entschuldigung annähmen.
Das Erzbistum begrüßte die Erklärung. Es sei gut, dass sich Zollitsch mit seiner Verantwortung auseinandersetze, so Generalvikar Christoph Neubrand. Er verwies auf die laufende Aufarbeitungsstudie, die im Frühjahr veröffentlicht werden soll. Auf deren Basis werde es auch um Verantwortlichkeiten und Schuld gehen, so Neubrand.
Zollitsch sagte wörtlich: „Ich habe das große Ausmaß und vor allem die Folgen für die Betroffenen der Verbrechen sexualisierter Gewalt und des Missbrauchs nicht erfasst und der Wahrheit nicht in die Augen geschaut.“ Nach bisherigen Untersuchungen gab es seit den 1950er Jahren bis in die Gegenwart im Erzbistum Freiburg mindestens 190 beschuldigte Priester und Diakone und 440 Betroffene.
Zollitsch sagte, er habe es versäumt, Missbrauchsfälle offenzulegen und stattdessen Vorwürfe „intern“ behandelt. Er habe naiv Täteraussagen geglaubt und fälschlicherweise zu sehr das Wohl der Kirche im Blick gehabt.
Zugleich argumentiert Zollitsch, er sei als Verantwortlicher eingebunden gewesen in ein „System, das im Umgang mit sexualisierter Gewalt von einer gewachsenen und einvernehmlich getragenen Kultur des Schweigens und der Verschwiegenheit nach außen, des Korpsgeistes und des Selbstschutzes“ geprägt gewesen sei. Er übernehme die persönliche und moralische Verantwortung – verwies aber darauf, immer im Austausch mit anderen Leitungsverantwortlichen im Bistum gestanden zu haben.
Die Diözese arbeitet seit mehreren Jahren an einer Studie, die Missbrauch und dessen Vertuschung dokumentiert und aufarbeitet. Ähnliche Untersuchungen gibt es in mehreren deutschen Bistümern. Zuletzt war die in Freiburg für Oktober geplante Veröffentlichung auf April verschoben worden. Dem Vernehmen nach wollen sich die Autoren gegen mögliche Klagen absichern. Die Studie umfasst auch die Jahre, in denen Zollitsch in verschiedenen Funktionen Verantwortung trug. Erzbischof Stephan Burger hat eine Veröffentlichung der Studie zugesagt. Erarbeitet wurde sie durch vom Bistum unabhängige Experten. Zollitsch betonte nun, sich an der Aufarbeitung zu beteiligen.
Bis zuletzt war unklar, wie sich Zollitsch zu der Untersuchung verhält. Seit 2010 wurden ihm öffentlich Fehlverhalten bei mehreren Missbrauchskomplexen vorgeworfen. So hat im Fall Oberharmersbach ein Priester über Jahre viele Jugendliche missbraucht. Zollitsch hatte Fehler zugegeben, ein breites Schuldeingeständnis aber vermieden.
Zollitsch leitete das Erzbistum von 2003 bis 2014. Zuvor war er 20 Jahre Personalchef des Bistums und in dieser Position vielfach mit Menschen befasst, denen Missbrauch zur Last gelegt wurde. Von 2008 bis 2014 war Zollitsch zudem Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Ab 2010 begann die katholische Kirche in Deutschland mit der Aufarbeitung von Missbrauch und sexualisierter Gewalt durch Priester und Kirchenmitarbeitende.