Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) fordert einen klareren Umgang mit muslimischen Dachverbänden in Deutschland.
Berlin – Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) fordert einen klareren Umgang mit muslimischen Dachverbänden in Deutschland. Die Gesellschaft brauche Religion und Religionskritik. „Mir ist wichtig, dass alle Menschen, ob religiös oder nicht, mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Die Zehenspitzen reichen nicht. Daher braucht es mehr Klarheit im Umgang mit den muslimischen Dachverbänden und weniger parteiübergreifende paternalistische Naivität, die mich unglaublich ärgert“, sagte Özdemir der „Jüdischen Allgemeinen“. Am selben Tag soll er abends den Leo-Baeck-Preis verliehen bekommen.
Dass er die höchste Auszeichnung des Zentralrats der Juden in Deutschland erhalte, sei ihm eine „große Ehre“, auch, weil er „keine herkömmliche Perspektive“ einbringe. Er verstehe die Auszeichnung als Auftrag, sich weiter für die Vielfalt jüdischen Lebens und gegen Antisemitismus „egal aus welcher Ecke“ einzusetzen. Wer hier lebe und Teil der deutschen Gesellschaft sei, müsse sich mit dem Holocaust und dem Nationalsozialismus auseinandersetzen. „Dabei spielt es keine Rolle, woher die eigenen Vorfahren stammen“, betonte Özdemir.
Wer sage, dass Antisemitismus keinen Platz in der Gesellschaft haben dürfe, müsse dem auch Taten folgen lassen. „Das betrifft dann beispielsweise auch unsere Schulen und Eltern, denn kein Kind wird als Rassist und Antisemit geboren. Es sollte nicht das jüdische Kind die Schule wechseln müssen, sondern diejenigen, die Antisemitismus verbreiten“, forderte der Minister. Er bekannte sich zudem zur Sicherheit Israels als unverhandelbare deutsche Staatsräson. Die Grünen seien in dieser Frage „geschlossen und sehr klar“. Wer das als Grüner anders sehen sollte, habe sich „verirrt“.
Özdemir erhält den mit 10.000 Euro dotierten Preis für sein „langjähriges, herausragendes Engagement für ein liberales und aufgeklärtes Deutschland“. Zu den Preisträgern gehören die früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (1994), Roman Herzog (1998) und Christian Wulff (2011) sowie die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (2007). Im Jahr 2019 erhielt der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE, Mathias Döpfner, den Preis.