Stolperstein-Erfinder: Mein Vater hat nie über den Krieg geredet

Der Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, hat unter dem Schweigen seines Vaters über den Zweiten Weltkrieg gelitten.
Stolperstein-Erfinder: Mein Vater hat nie über den Krieg geredet

Stolpersteine. Symbolfoto: pixabay.com

Der Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig, hat unter dem Schweigen seines Vaters über den Zweiten Weltkrieg gelitten. „Er hat nie darüber gesprochen“, sagte der Künstler, der am Donnerstag seinen 75. Geburtstag feiert, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Köln. Sein Vater habe in Frankreich bei einer Einheit gedient, bei der er vermutlich nicht viel Unheil angerichtet habe. Dennoch: „Es war nie was aus ihm rauszuholen.“ Mit Blick auf Nationalsozialismus und Holocaust sagte der Bildhauer: „Nie wieder, es darf nicht noch mal vorkommen.“ Das sei seine Motivation, mit den Stolpersteinen weiterzumachen.

Vor rund 30 Jahren setzte der gebürtige Berliner seinen ersten Stolperstein – ohne Genehmigung – vor dem Rathaus in Köln. Die zehn Quadratzentimeter großen, in Gehwege eingelassenen Messingplatten erinnern an NS-Opfer, darunter Jüdinnen und Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Menschen mit Behinderung sowie politisch und religiös Verfolgte. Oft sind sie vor deren letzter frei gewählter Wohnstätte verlegt. Mittlerweile gibt es sie in 31 Ländern, darunter in Frankreich und den Niederlanden. Stolpersteine gelten heute als das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

Im nächsten Jahr wird Demnig seinen 100.000-sten Stolperstein verlegen. Den öffentlichen Raum nutzte er bereits für mehrere Kunstaktionen. 1968 hisste er während des Vietnamkriegs eine US-Flagge in Berlin – mit Totenköpfen statt Sternen. 1991 legte er die „Spur der Erinnerungen“: eine Farbspur in Köln, die die Deportationswege der Sinti und Roma nachzeichnete. Eine Frau sprach ihn an und war der Meinung, hier „hätten doch gar keine Zigeuner gewohnt“. So sei Demnig bewusst geworden, dass es mehr Projekte über die Geschichten der Vertriebenen und Ermordeten brauche.

Finanziert werden die Steine über Patenschaften, die Einzelpersonen, Schulen oder Vereine für etwa 130 Euro übernehmen können. Der Initiator hat mittlerweile die Stiftung Spuren Gunter Demnig im hessischen Alsfeld gegründet. Sie soll seine Arbeit eines Tages weiterführen.

kna