Eine kirchliche Delegation aus Deutschland ist aus Indien ausgewiesen worden.
Berlin/Emden – Eine kirchliche Delegation aus Deutschland ist aus Indien ausgewiesen worden. Wie die Berliner „Gossner-Mission“ am Samstag mitteilte, wurde eine Gruppe mit sieben Personen aus Berlin und Ostfriesland des Landes verwiesen wegen des Vorwurfs, sie hätten missionieren wollen. Sie hätten aber lediglich Kirchengemeinden besucht und an Gottesdiensten im Bundesstaat Assam teilgenommen.
„Aufbau einer Kirchenpartnerschaft“
„Wir sind nach Indien geflogen, weil unser Kirchenkreis eine Kirchenpartnerschaft zu einem Kirchenkreis in Assam aufbauen wollte“, sagte Superintendentin Christa Olearius aus Emden: „Wir haben Gottesdienste und Freunde besucht und wurden von vielen Christinnen und Christen hier herzlich begrüßt: Kann es sein, dass dies in einem demokratischen Land wie Indien nun nicht mehr erlaubt ist?“
Die Ausweisung kam nach Angaben der Gossner-Mission ohne Vorankündigung. Am Freitagmorgen habe die Delegation eine christliche Schule in Tezpur besuchen wollen, sei dann aber von der Polizei im Hotel festgesetzt und befragt worden. Pässe und Visa mussten abgegeben und eine Kopie des Besuchsprogramms übermittelt werden.
Kontakte zur Deutschen Botschaft und zum Konsulat sowie zu staatlichen und kirchlichen Behörden in Deutschland hätten keine Veränderung der Situation erbracht, hieß es weiter. Da ihnen zur Kooperation geraten worden sei, sei die Delegation auf die „nach langem und zermürbendem Warten“ genannte Forderung eingegangen, pro Person 500 Dollar zu zahlen und das Land so rasch wie möglich zu verlassen. „Ganz normale kirchliche Kontakte, die jahrzehntelang möglich waren, scheinen plötzlich illegal zu sein“, beklagte Olearius.
Sorge um indischen Mitarbeiter
In großer Sorge ist die Gruppe nach Angaben der „Gossner-Mission“ um die Sicherheit eines indischen Mitarbeiters. Er habe die Delegation bei ihren Besuchen in Assam begleitet und entgegen anderslautender vorheriger Zusage am Samstag im Hotel zurückbleiben müssen. Am Tag zuvor habe die Polizei seine Kamera und sein Smartphone konfisziert, Kontakte und Fotos ausgelesen und ihn vor Ort verhört. „Wir haben keinerlei Information, wie es ihm zurzeit geht“, sagte der Direktor der Gossner-Mission, Christian Reiser. „Diese Art der Behandlung ist inakzeptabel. Wir sind in großer Sorge.“
Die in Berlin ansässige Gossner-Mission wurde 1837 von dem Berliner Theologen Johannes Evangelista Gossner (1773-1858) gegründet. Sie unterstützt in Kooperation mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und der Hannoverschen Landeskirche Hilfsprojekte und Gemeinden in Indien, Nepal und Sambia. In Indien entstand aus ihrer Arbeit die heute zum Lutherischen Weltbund gehörende Evangelisch-Lutherische Gossner-Kirche, die mit rund 500.000 Mitgliedern die größte lutherische Kirche Indiens ist.
In acht von 28 indischen Bundesstaaten existieren sogenannte „Anti-Konversionsgesetze“. Diese Gesetze werden oft als Vorwand benutzt, um christliche oder muslimische Gläubige ins Visier zu nehmen und zu beschuldigen. Seit dem Wahlerfolg des Hindu-Nationalisten Modi 2014 sehen sich Christen und andere religiöse Minderheiten in dem Land systematisch unterdrückt und Schikanen ausgesetzt.