Der „Holodomor“ („Tötung durch Hunger“) Anfang der 1930er-Jahre soll offenbar als Völkermord anerkannt werden. Das berichten mehrere Medien am Freitag übereinstimmend.
Berlin – Der „Holodomor“ („Tötung durch Hunger“) Anfang der 1930er-Jahre soll offenbar als Völkermord anerkannt werden. Das berichten mehrere Medien am Freitag übereinstimmend. Sie beziehen sich auf einen gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU. Der Text wurde demnach zum Gedenktag für die Hungerkrise fertiggestellt, der in der Ukraine am letzten Samstag im November begangen wird.
Ursache der historischen Hungersnot war eine von Diktator Josef Stalin (1878-1953) befohlene Kollektivierung von Landwirtschaft und Getreideabgaben. Sie kostete 1932/33 mehrere Millionen Menschen das Leben. Aus Sicht der Ukraine wurde die Katastrophe von der damaligen Sowjetregierung bewusst herbeigeführt. Die Ukraine bewertet den „Holodomor“ als Völkermord. Der Vatikan und einige andere Staaten haben sich dieser Deutung bereits angeschlossen.
Der „Holodomor“ reihe sich ein „in die Liste menschenverachtender Verbrechen totalitärer Systeme, in deren Zuge vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa Millionen Menschenleben ausgelöscht wurden“, heißt es nun in dem Resolutionsentwurf. Das Verbrechen sei „Teil unserer gemeinsamen Geschichte als Europäerinnen und Europäer“, schreiben die Initiatoren um den Grünen-Abgeordneten Robin Wagener. Am kommenden Mittwoch soll der Antrag im Bundestag beraten und beschlossen werden.
„Betroffen von Hunger und Repressionen war die gesamte Ukraine, nicht nur deren getreideproduzierende Regionen“, heißt es weiter. „Damit liegt aus heutiger Perspektive eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe.“ Dieses „Menschheitsverbrechen“ sei in Deutschland und der Europäischen Union aber bisher wenig bekannt. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung auf, zur Verbreitung des Wissens über den „Holodomor“ und zum Gedenken an dessen Opfer beizutragen.
Die Ukraine wirbt seit Jahren für eine solche Anerkennung in Parlamentsresolutionen; Russland lehnt dies ab. Zuletzt hatte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba die Forderung wiederholt erneuert. Menschenrechtler, Hilfsorganisationen und Kirchenvertreter warnten zudem vor einer neuerlichen Hungerkatastrophe in dem Land.