Expertin sieht in China wenig Spielraum für Religionsfreiheit

Religion ist für die chinesische Zentralregierung derzeit offenbar kein vordringliches Thema: „Die Partei hat ganz andere Baustellen“, sagt die Sinologin Licia Di Giacinto.
Bonn – Religion ist für die chinesische Zentralregierung derzeit offenbar kein vordringliches Thema: "Die Partei hat ganz andere Baustellen", sagte die Sinologin Licia Di Giacinto dem Portal katholisch.de am Freitag. So befinde sich die Wirtschaft "nicht zuletzt durch die rigiden Corona-Maßnahmen" in einem Tief; hinzu komme die Debatte um Taiwan. "Da lässt man lieber alles, wie es ist - und das bedeutet: weiter keine Religionsfreiheit."

Chinesische Christen beten im Freien. –Foto: Kirche in Not 

Religion ist für die chinesische Zentralregierung derzeit offenbar kein vordringliches Thema: „Die Partei hat ganz andere Baustellen“, sagte die Sinologin Licia Di Giacinto dem Portal katholisch.de am Freitag. So befinde sich die Wirtschaft „nicht zuletzt durch die rigiden Corona-Maßnahmen“ in einem Tief; hinzu komme die Debatte um Taiwan. „Da lässt man lieber alles, wie es ist – und das bedeutet: weiter keine Religionsfreiheit.“

Sie gehe nicht davon aus, dass die nicht von Peking beherrschte sogenannte Untergrundkirche künftig mehr Freiraum haben werde, sagte die Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien in Bochum. Sie könne sich vorstellen, dass Staatspräsident Xi Jinping lokale Schlupflöcher besser kontrollieren wolle. „Aber ich weiß nicht, wie die Partei das durchsetzen möchte. In China ist die lokale Realität je nach Ort unglaublich unterschiedlich. Eine völlige Gleichschaltung ist da nicht möglich.“

Zudem hätten die Katholiken im Land aus Sicht der Staatsführung „ein Problem, nämlich den Vatikan“, erklärte Di Giacinto. „Rom ist eine Macht außerhalb Chinas und völlig unabhängig von der Kommunistischen Partei. Da entsteht für die Katholiken ein politisches Problem, weil ein fremdes Land mit im Spiel ist.“

Das soeben verlängerte Abkommen zwischen dem Vatikan und der chinesischen Regierung sorge dafür, dass alles so bleibe, wie es sei: „Die chinesische Regierung hat bei der Bestellung von Bischöfen grundsätzlich das letzte Wort. Der Vatikan hat das akzeptiert, jetzt sogar zum wiederholten Male. Also sieht es so aus, dass beide Kontrahenten, Peking und Rom, darauf zielen, den Status quo zu erhalten“, so die Wissenschaftlerin.

Ende Oktober hatte der Vatikan das umstrittene Geheimabkommen mit der Volksrepublik China verlängert. Die Vereinbarung ermöglicht die Ernennung von Bischöfen im wechselseitigen Einvernehmen. Das im Oktober 2018 in Kraft getretene vorläufige Abkommen wurde erstmals 2020 um weitere zwei Jahre verlängert. Seitdem gab es wenige Bischofsernennungen, denen sowohl chinesische Behörden als auch der Papst zustimmten.

Die Vereinbarung, deren Wortlaut unter Verschluss gehalten wird, steht in der Kritik, weil sie das Leben katholischer Christen in der Volksrepublik nicht verbessere. Zudem würden Angehörige der Untergrundkirche weiter ins Abseits gedrängt.