Der in eine Vertrauenskrise geratene Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki trifft Entscheidungen nach eigenen Worten heute vorsichtiger als früher.
Düsseldorf/Köln – Der in eine Vertrauenskrise geratene Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki trifft Entscheidungen nach eigenen Worten heute vorsichtiger als früher. „Ich habe mich eigentlich noch nie so ohnmächtig gefühlt wie in diesen vergangenen zwei, drei Jahren“, sagte er im Interview der „Rheinischen Post“ (Dienstag, online). „Macht zu haben, hat mich nie angetrieben“, erklärte er weiter. „Ich wollte immer den Menschen dienen und helfen, ich wollte nie jemanden klein machen oder zerstören. Ob das immer gelungen ist, weiß ich nicht.“
Eher „präventive Maßnahme“ denn „Strafe für diesen Priester“
Mit Blick auf Missbrauch in der Kirche sprach Woelki auch von „systemischen Ursachen“. Jedem sexuellen Missbrauch gehe ein Machtmissbrauch voraus. „Strukturen, die das begünstigen, müssen erkannt und verändert werden.“ Als „Täterorganisation“ bezeichnete der Erzbischof die Kirche jedoch nicht – im Gegensatz etwa zu seinem Weihbischof Rolf Steinhäuser. „Die Kirche ist eine Organisation, in der es Täter gibt, so wie zum Beispiel auch der Staat eine Organisation ist, in dem es Täter gibt“, sagte er. Diese Verbrechen stünden entgegen dem christlichen Menschenbild und seien in Zukunft hoffentlich nicht mehr möglich.
Woelki äußerte sich auch zu dem Fall eines von ihm beförderten und später nach Missbrauchsvorwürfen beurlaubten Düsseldorfer Pfarrers. Im Rahmen eines kirchlichen Strafverfahrens wurde dieser freigesprochen und darf unter Auflagen wieder als Priester tätig sein. Die Kritik an dem Vorgang könne er verstehen, so Woelki. „Wenn sich etwas nicht beweisen lässt, dann gilt die Person aber als unschuldig.“ Bei den Auflagen handele es sich mehr um eine „präventive Maßnahme“ denn um eine „Strafe für diesen Priester“.
Woelki: Kann Weihe nicht abschütteln wie lästige Fluse am Bischofsrock
Vor allem wegen der Missbrauchsaufarbeitung ist im Erzbistum Köln eine Vertrauenskrise entstanden. Papst Franziskus hatte Woelki im Herbst 2021 in eine mehrmonatige Auszeit geschickt und ihn später aufgefordert, seinen Rücktritt anzubieten. Über den Amtsverzicht hat der Papst noch nicht entschieden.
Erst am Montag hatte die „Kölnische Rundschau“ ein Interview mit dem Kardinal veröffentlicht. Darin sagte er auf die Frage, warum er auf eine Antwort des Papstes warte nicht selbst zurücktrete: „Ich kann diese Weihe nicht einfach abschütteln wie eine lästige Fluse am Bischofsrock. Über dieses Amt, wie lange es dauert, entscheidet der Papst. Ganz alleine.“