Caritas hofft auf Fortführung humanitärer Hilfe in Afghanistan

Die Entscheidung des Taliban-Regimes, Frauen die Mitarbeit in Hilfsorganisationen zu verbieten, wird das Leiden und die Not der Menschen in Afghanistan nach Einschätzung von Caritas international weiter vergrößern. 
Caritas hofft auf Fortführung humanitärer Hilfe in Afghanistan Kabul/Freiburg - Die Entscheidung des Taliban-Regimes, Frauen die Mitarbeit in Hilfsorganisationen zu verbieten, wird das Leiden und die Not der Menschen in Afghanistan nach Einschätzung von Caritas international weiter vergrößern. "Mehr als 20 Millionen Afghaninnen und Afghanen sind von Hunger bedroht. Das Land braucht humanitäre Hilfe, um zu überleben", sagte Caritas-international-Chef Oliver Müller am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg. Die Not sei "exorbitant hoch".

Dr. Oliver Müller ist Leiter von Caritas international, dem Hilfswerk der deutschen Caritas. –Foto: Caritas international

Die Entscheidung des Taliban-Regimes, Frauen die Mitarbeit in Hilfsorganisationen zu verbieten, wird das Leiden und die Not der Menschen in Afghanistan nach Einschätzung von Caritas international weiter vergrößern. „Mehr als 20 Millionen Afghaninnen und Afghanen sind von Hunger bedroht. Das Land braucht humanitäre Hilfe, um zu überleben“, sagte Caritas-international-Chef Oliver Müller am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg. Die Not sei „exorbitant hoch“.

Nach der Ankündigung der Taliban sei es für Caritas international genauso wie für viele andere Nichtregierungsorganisationen (NGO) aber unausweichlich gewesen, die Arbeit bis auf weiteres zu unterbrechen. Müller sprach von einer sehr schweren Entscheidung. „Aber ohne unsere Mitarbeiterinnen können wir Frauen und ihre Kinder bei unseren Projekten nicht erreichen. Und gerade sie sind die Bedürftigsten und am stärksten bedroht in Afghanistan“, so Müller.

Die Lage für Frauen habe sich systematisch verschlechtert, nicht zuletzt durch das Verbot zu studieren, sagte der Caritas-Leiter. „Leider sehe ich auch keine Perspektive, dass sich für die Afghaninnen bald etwas zum Besseren ändern könnte.“ Dennoch rechne er damit, dass die internationale Hilfe mittelfristig weitergehen kann.

„Die Afghaninnen und Afghanen registrieren genau, warum die Hilfen nun gestoppt wurden“, so Müllers Einschätzung; und er hoffe, dass der Druck der Bevölkerung auf die Taliban steigen wird, „wieder auf die internationalen Helfer zuzugehen, um einen Kompromiss zu finden“. Offiziell begründeten die Taliban das Helferinnenverbot damit, dass sich Frauen nicht ausreichend verschleiert hätten und die Geschlechtertrennung bei Hilfsprojekten nicht eingehalten worden sei.

Auch der Caritas-Büroleiter in Kabul, Stefan Recker, zeigte sich vorsichtig optimistisch. „Es erinnert ein wenig an die Strategie beim ersten Taliban-Regime in den 1990ern, wo zunächst extreme Ansagen nach einiger Zeit in einen Kompromiss mündeten“, sagte Recker der KNA. Eine Brücke könne sein, wenn sich die NGOs förmlich verpflichteten, dass ihre Mitarbeiterinnen die Kleidungsvorschriften einhalten. Bislang habe das zuständige Wirtschaftsministerium aber noch nicht reagiert.

Recker sagte, dass aktuell noch drei Caritas-Projekte im Gesundheitsbereich mit den dort bei Partnerorganisationen beschäftigten Medizinerinnen weiterlaufen: für Leprahilfe, die Anpassung von Prothesen und für Mutter-Kind-Gesundheit. Auch beim UN-Ernährungsprogramm FAO gingen die Hilfen weiter, etwa die Verteilung von Saatgut. „Zum einen betrifft das Mitarbeiterinnenverbot nur nichtstaatliche NGOs. Zum anderen wäre es nicht zu verantworten, Tausende Tonnen Saatgut nicht zu verteilen“, sagte Recker.

Caritas international ist seit 1984 in Afghanistan engagiert, einem der ärmsten Länder weltweit. In Kabul gibt es ein Caritas-Büro, das die verschiedenen landesweiten Projekte koordiniert. Vor Ort sind – zumeist über lokale Partnerorganisationen – afghanische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Außer in humanitärer Nothilfe engagiert sich Caritas international etwa im Gesundheitsbereich.

Etwa die Hälfte der rund 40 Millionen Afghanen ist laut UN-Angaben von Hunger bedroht; etwa drei Millionen Menschen sind innerhalb des Landes geflohen. Geschätzte drei Millionen Kleinkinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.

Von Volker Hasenauer (KNA)