Pele: Der „beste Fußballer aller Zeiten“ verabschiedet sich für immer

Als 17-Jähriger schoss er Brasilien 1958 zum ersten WM-Titel. Insgesamt dreimal wurde Pele Weltmeister – so oft wie kein anderer Spieler. In seiner Heimat sah man ihn jedoch kritisch.

Pele –Foto: © Andre Ricardo Paes | http://Dreamstime.com

Pele, der „Rei do Futebol“ (König des Fußballs), ist tot. Der von vielen als bester Fußballer aller Zeiten angesehene Edson Arantes do Nascimento starb im Alter von 82 Jahren an einem Krebsleiden. Das berichteten übereinstimmend Medien am Donnerstagabend unter Berufung auf seine Familie und seinen Agenten. Zuletzt war er in einer Klinik in Sao Paulo behandelt worden. Während der WM in Katar hatten ihm Fans und Spieler noch Genesungswünsche geschickt. Auch Papst Franziskus hatte erklärt, er bete für Peles Genesung.

Der 23. Oktober 1940 im Teilstaat Minas Gerais geborene Pele hob mit seinem Auftauchen auf der internationalen Bühne bei der WM 1958 in Schweden den Fußball auf eine neue Ebene. Mit gerade mal 17 Jahren verzauberte er die ganze Welt, schoss sechs Treffer, davon drei im Halbfinale gegen die starken Franzosen. Seine Rückennummer 10, die er durch Zufall zugeteilt bekam, ist seitdem für die großen Künstler reserviert: Maradona, Zidane, Messi oder Modric.

Bei der WM 1962 in Chile konnte Brasiliens Wunderteam seinen Titel verteidigen. Pele verletzte sich jedoch früh im Turnier und musste von der Bank aus zusehen, wie sein Sturmkollege Garrincha zum Superstar des Turniers wurde. Gemeinsam scheiterten die beiden dann 1966 bei der WM in England bereits in der Vorrunde. Nie wieder wollte Pele an einer WM teilnehmen.

Doch 1970 gelang es Trainer Mario Zagallo, den „König“ für die WM in Mexiko zu gewinnen. Das Turnier wurde zum Triumph für Pele, der das wohl beste Team aller Zeiten bei den phänomenalen Auftritten anführte. So ist Pele der einzige Fußballer, der als Spieler dreimal die WM gewann.

Pele galt in den 60er Jahren als Kultfigur und wurde zu einem der bekanntesten Menschen des Planeten. Mit seinem Verein, dem FC Santos, tourte er damals durch die Welt. In packenden Duellen gegen die großen europäischen Klubs erlangte Pele den Status eines absoluten Weltstars. Doch auch die gigantischsten Angebote aus Europas Top-Ligen schlug er aus und blieb Santos treu. Erst 1975 nahm er ein Angebot von New York Cosmos an und beendete dafür für zwei Jahre seinen Ruhestand.

Pele schoss laut eigenen Angaben 1.283 Tore in 1.366 Spielen – so viele wie sonst niemand. Die 1.283 Tore und den Rekord bestätigte ihm das Guinness-Buch später. In 92 Spielen erzielte Pele einen Hattrick, in 30 Spielen vier Tore, und in sieben Partien gelangen ihm sogar fünf Tore.

Für die brasilianische Nationalmannschaft erzielte er in offiziellen Spielen 77 Tore; ein Rekord, den sein sportlicher „Enkel“ Neymar im Viertelfinale der WM in Katar einstellte. Brasiliens Ausscheiden in jenem Spiel gegen Kroatien enttäuschte die Hoffnung Peles, Brasilien noch einmal als Weltmeister zu sehen.

Ende November war er in das Albert-Einstein-Krankenhaus in Sao Paulo eingeliefert worden. Argentiniens Titelgewinn mit Lionel Messis Gala-Vorstellungen verfolgte er vom Krankenhausbett aus. In den nach der Katar-WM aufkommenden Diskussion, wer denn nun der größte Fußballer aller Zeiten sei, hatten viele Fans und Journalisten Pele zugunsten von Messi „entthront“.

Für Pele waren solche „Entmachtungen“ nichts Neues. Als Argentiniens Superstar Diego Maradona nahezu im Alleingang – und mit „der Hand Gottes“ – die Albiceleste 1986 in Mexiko zum WM-Titel schoss, begannen unter Fans und in der Sportpresse die ewigen Diskussionen um den „Größten Fußballer aller Zeiten“. Auch Maradona und Pele nahmen diesen seltsam anmutenden Wettstreit sehr ernst.

Dabei ziehen selbst in Brasilien Fußballfans Maradona oder Messi dem Landmann vor. Denn während den beiden Argentiniern – zu Unrecht – ein Hauch von Rebell a la Che Guevara anhängt, wurde Pele stets als aalglatter, allein an der Vermarktung seiner früheren Triumphe interessierter Geschäftsmann angesehen. So soll er 1975 von Cosmos eine Millionengage erhalten haben, um in dem Fußball-Entwicklungsland USA zu spielen – ein für die Fußballwelt von damals unvorstellbarer Fehltritt.

Zudem wurde Pele stets eine ungesunde Nähe zur Politik nachgesagt. So habe er sich 1970 von der damaligen Militärdiktatur einspannen lassen, um den WM-Titel in Mexiko zu holen. Zu den Verbrechen der Generäle, denen er die Hand schüttelte, schwieg er. Als er von 1995 bis 2002 Brasiliens Sportminister war, setzte sich Pele aber für bessere Arbeitsbedingungen für Fußballer und gegen die Korruption der Funktionäre ein. Das brachte ihm jahrelang Streit mit der Fifa ein.

Seinem Ruf in der Heimat geschadet hat jedoch vor allem sein Privatleben. Da waren die Beziehungen des „Playboys Pele“ zu blutjungen Blondinen, aber auch ein jahrelanger Rechtsstreit um die Anerkennung einer Tochter. Selbst nachdem ein DNA-Test seinen Vaterschaft bewiesen hatte, wehrte er sich vor Gericht gegen die Anerkennung.

Als die Tochter starb, blieb er ihrer Beerdigung fern. Ihre zwei Kinder erstritten vor Gericht Unterhaltszahlungen von Pele. Dass er als bekennender Katholik in dem katholisch geprägten Land einen Teil seiner Familie regelrecht verstieß, nahmen ihm viele Brasilianer krumm. Die Anerkennung, die er weltweit genoss, wurde ihm von vielen seiner Landsleute verwehrt.

Von Thomas Milz (KNA)