Kardinal Schönborn über Gänswein-Buch: „Ungehörige Indiskretion“ 

Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn hat den damaligen Kardinal Joseph Ratzinger 2005 darin bestärkt, im Falle seiner Wahl zum Papst die Entscheidung anzunehmen.
Wien/Rom – Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn hat den damaligen Kardinal Joseph Ratzinger 2005 darin bestärkt, im Falle seiner Wahl zum Papst die Entscheidung anzunehmen. Diese kleine "Enthüllung" aus dem Buch des langjährigen Privatsekretärs von Papst Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, bestätigte Schönborn am Mittwoch der Wiener Presseagentur Kathpress.

Kardinal Christoph Schönborn (Foto: Lukas Cioni/kathpress)

Der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn hat den damaligen Kardinal Joseph Ratzinger 2005 darin bestärkt, im Falle seiner Wahl zum Papst die Entscheidung anzunehmen. Diese kleine „Enthüllung“ aus dem Buch des langjährigen Privatsekretärs von Papst Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, bestätigte Schönborn am Mittwoch der Wiener Presseagentur Kathpress. Zugleich distanzierte sich der Kardinal von Gänsweins Buchprojekt und nannte es eine „ungehörige Indiskretion“.

Schönborn wörtlich: „Ich finde es nicht richtig, dass so vertrauliche Dinge veröffentlicht werden, zumal vom persönlichen Sekretär.“ Gänsweins Buch „Nient’altro che la verita“ („Nichts als die Wahrheit“) erschien vergangene Woche in Italien. Nach Angaben Gänsweins schrieb Schönborn an Ratzinger noch vor dem Konklave „ein Brieflein für den Fall des Falles“. Dies bestätigte Schönborn nun gegenüber Kathpress. „Ja, das war so. Ich habe aber bisher bewusst darüber geschwiegen, obwohl es im Rahmen der Kardinalsversammlung geschehen ist, und nicht beim Konklave selbst“, so der Wiener Erzbischof.

Konkret bezieht sich Gänswein im Kapitel „Schönborns Brief“ („La lettera di Schönborn“) auf eine Rede des neu gewählten Papstes an eine deutsche Pilgergruppe am 25. April 2005. Damals sprach Benedikt XVI. überraschend offen über seine Gefühlslage beim Konklave: „Als langsam der Gang der Abstimmungen mich erkennen ließ, dass sozusagen das Fallbeil auf mich herabfallen würde, war mir ganz schwindelig zumute. (…) Ich habe mit tiefer Überzeugung zum Herrn gesagt: Tu mir dies nicht an! Du hast Jüngere und Bessere, die mit ganz anderem Elan und mit ganz anderer Kraft an diese große Aufgabe herantreten können. Da hat mich ein kleiner Brief sehr berührt, den mir ein Mitbruder aus dem Kardinalskollegium geschrieben hat.“ Dass mit dem „Mitbruder“ Kardinal Schönborn gemeint war, hat erst jetzt Gänswein publik gemacht.

Auch darauf, dass Schönborn und Ratzinger per Du waren, geht das Buch ein. Abgesehen von Benedikts Jugendfreunden sei Schönborn, der dem Ratzinger-Schülerkreis angehörte, einer der wenigen gewesen, der seinen früheren Lehrer so ansprach, schreibt Gänswein. Die zweite im Buch geschilderte Episode mit Schönborn – ein kurzes, aber sehr persönliches Gespräch mit dem eben erst gewählten Papst – habe sich ebenfalls so ereignet, bestätigte der Kardinal.

kna