Aktuelle katholische Reformfragen müssen sich aus Sicht der Theologen Karl-Heinz Menke und Magnus Striet stärker auf grundlegende Probleme fokussieren.
Bonn – Aktuelle katholische Reformfragen müssen sich aus Sicht der Theologen Karl-Heinz Menke und Magnus Striet stärker auf grundlegende Probleme fokussieren. „Es geht um die Frage, welches Menschenrecht, welche Vorstellung von Freiheit darf im Raum der katholischen Kirche sein? Das ist der entscheidende Punkt“, sagte Striet am Dienstagabend in der Universität Bonn bei einer Debatte zum Reformprozess der katholischen Kirche, dem Synodalen Weg. Es habe Gründe, dass der Vatikan die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen bis heute nicht unterzeichnet hat.
Die Kirchenkrise hänge wesentlich damit zusammen, dass ein bereits biblisch eingeforderter, steter Aufklärungsprozess im 19. Jahrhundert lehramtlich „totgestellt wurde“, so Striet. Die Kirche erlebe gesellschaftlich derzeit eine Korrektur durch Menschen, die lehramtliche Aussagen nicht mehr überzeugten. Es gebe einen „massiven Autoritätsverlust“ des Amtes. Mit dem 31.12.2022 sei zudem „eine kirchenpolitische Epoche zu Ende gegangen“. An Silvester starb der einstige Papst Benedikt XVI.
Menke hingegen warnte davor, dass eine Gesellschaft, in der nicht ausreichend Menschen an Gott glaubten, in Extreme abzurutschen drohe. Dies lasse sich etwa an aktuellen Diskursen um Abtreibungen sehen – hier fehle derzeit ein kirchliches Gegengewicht zu einer geforderten Liberalisierung der Gesetze. Zwar müssten sich in staatlich moderierten Diskursen alle Menschen an die gleichen Regeln halten. Kirche dürfe von ihren Mitgliedern aber ein „Plus an Normativität“ verlangen, sofern dies nicht den Menschenrechten entgegenstehe.
Auch die katholische Ehelehre widerspreche den Menschenrechten nicht, sagte Menke. Sie beschreibe stattdessen „ein Ideal, das sie den Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft vor Augen stellt, um sie freier zu machen“. Die Diskussion zwischen dem als liberal geltenden Freiburger Fundamentaltheologen Striet und dem als konservativ geltenden emeritierten Bonner Dogmatiker Menke wurde moderiert von der Dekanin der Bonner Evangelisch-Theologischen Fakultät, Cornelia Richter, und dem Kultursoziologen Clemens Albrecht.
In ihrem Reformdialog auf dem Synodalen Weg wollen die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland beraten. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchs-Skandal verschärft hat.