Erstmals hat der Bundestag am Holocaust-Gedenktag (27. Januar) queere NS-Opfer in den Mittelpunkt gestellt.
Berlin – Erstmals hat der Bundestag am Holocaust-Gedenktag (27. Januar) queere NS-Opfer in den Mittelpunkt gestellt. Queer ist ein Sammelbegriff für nicht-heterosexuelle Menschen, etwa für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT). Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sagte am Freitag in Berlin, es dürfe kein Ende des Erinnerns geben – an alle Opfer, die von den Nationalsozialisten verfolgt, bedroht, entrechtet und ermordet wurden. Wenn die Zeitzeugen nun nach und nach sterben, müssten andere ihre Geschichte erzählen. „Die Opfer des Holocaust bleiben unvergessen.“
Es sei ihr sehr wichtig, „dass wir heute der Menschen gedenken, die wegen ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität verfolgt wurden“, sagte Bas. Denn das Ende des Nationalsozialismus sei noch kein Ende der staatlichen Verfolgung für diese Opfergruppe gewesen. Der Paragraf 175 des Strafgesetzbuches, der homosexuelle Handlungen unter Männern unter Stafe stellte, wurde im wiedervereinigten Deutschland erst 1994 abgeschafft.
Es sei gefährlich zu glauben, wir hätten „ausgelernt“, warnte Bas vor einem Schlussstrich unter der deutschen Geschichte. „Wir müssen uns weiterhin mit unserer Vergangenheit auseinandersetzen.“ Eine freiheitliche, offene Gesellschaft sei keine Selbstverständlichkeit. Das zeigten rassistische, antisemitische, antiziganistische und queerfeindliche Taten in der jüngeren Vergangenheit. „‚Nie wieder‘ – das ist ein Auftrag. Für uns alle. Jeden Tag. Wo Hass um sich greift, ist niemand sicher“, sagte Bas.
Anlass des Holocaust-Gedenktags ist die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945. Bundespräsident Roman Herzog hatte 1996 den 27. Januar zum Tag des Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Millionen Menschen wurden während der Naziherrschaft entrechtet, verfolgt und ermordet.
Traditionell nahmen auch die Spitzen der anderen Verfassungsorgane an der Gedenkstunde im Bundestag teil. Neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz waren das Bundesratspräsident Peter Tschentscher und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth.