Unerwarteter Gegenwind für klagenden Missbrauchsbetroffenen

Der Missbrauchsbetroffene, der das Erzbistum Köln auf Schmerzensgeld verklagt hat, bekommt von unerwarteter Seite Gegenwind.
Das Erzbistum Köln sucht mögliche und bisher unbekannte Missbrauchsbetroffene eines 2019 verstorbenen Geistlichen.

Kölner Dom (Symbolfoto: pixabay)

Der Missbrauchsbetroffene, der das Erzbistum Köln auf Schmerzensgeld verklagt hat, bekommt von unerwarteter Seite Gegenwind. Drei Mitglieder des Betroffenenbeirats des Erzbistums Köln – darunter der frühere Sprecher Peter Bringmann-Henselder – wandten sich mit einem Schreiben an das Landgericht Köln und zweifelten darin die Glaubwürdigkeit des Klägers an, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag) berichtete.

Bringmann-Henselder bestätigte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) das Schreiben. Die Initiative dazu sei von den zwei Mitunterzeichnern ausgegangen, die schwerstbehindert seien. Er selbst habe sich lediglich als Zeuge von Gesprächen eingebracht, welche die beiden mit dem Kläger bei ihrer gemeinsamen Arbeit im Betroffenenbeirat geführt hätten. Dem Gremium gehörte der Kläger von 2019 bis 2021 an. In dem Brief zweifelten die Mitunterzeichner einige Aussagen des Klägers an, was sie dem Gericht mitteilen wollten, sagte Bringmann-Henselder. Zum konkreten Inhalt wollte er sich nicht äußern.

Eine Gerichtssprecherin bestätigte auf KNA-Anfrage den Eingang des Schreibens. Der Brief sei zu den Akten genommen und wie vorgeschrieben den Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis gegeben worden. Für das Verfahren selbst spielten die Inhalte keine Rolle, solange keine der beiden Seiten diese ins Verfahren einführten.

Das Erzbistum Köln erklärte auf Nachfrage, es handele sich nicht um ein Schreiben des Betroffenebeirats, sondern um einen persönlichen Brief der Unterzeichner. Sie hätten sich ohne Wissen von Bistumsvertretern an das Gericht gewandt. Das Erzbistum vertraue darauf, dass das Gericht das Verfahren im Rahmen der Zivilprozessordnung korrekt weiterführe. Weiter sagte eine Sprecherin der KNA, dass das Erzbistum derzeit nicht plane, das Schreiben oder Inhalte daraus ins Verfahren einzuführen.

Der Anwalt des Klägers, Eberhard Luetjohann, übte scharfe Kritik an den Briefunterzeichnern. Es handele sich um den Versuch einer massiven Einflussnahme auf den Vorsitzenden Richter mit unwahren Behauptungen und haltlosen Unterstellungen, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Der Verein „Umsteuern! Robin Sisterhood“ forderte die sofortige Auflösung des Betroffenenbeirats durch Kardinal Rainer Maria Woelki. Auch die Interventionsstelle der Erzdiözese, die die Arbeit des Gremiums moderierend begleiten solle, werde ihrer Aufgabe nicht gerecht.

In dem Verfahren fordert der Missbrauchsbetroffene vom Erzbistum 725.000 Euro Schmerzensgeld sowie 80.000 Euro für mögliche künftige Schäden. Kardinal Woelki verzichtete darauf, Verjährung zu beantragen. Der Prozess könnte Vorbildcharakter für weitere Schmerzensgeldklagen gegen Bistümer haben.

Andreas Otto (KNA)