Junge Menschen wünschen sich eine deutlichere Positionierung der Kirchen bei gesellschaftlichen und politischen Themen. Das gaben 56 Prozent der Befragten zwischen 18 und 29
Stuttgart – Junge Menschen wünschen sich eine deutlichere Positionierung der Kirchen bei gesellschaftlichen und politischen Themen. Das gaben 56 Prozent der Befragten zwischen 18 und 29 Jahren in einer Umfrage an, die die Managementberatung Horvath am Freitag in Stuttgart veröffentlichte. Unter der Gesamtbevölkerung lag dieser Anteil demnach bei 52, unter Kirchenmitgliedern bei 61 Prozent.
Der Wunsch nach einer stärkeren gesellschaftspolitischen Positionierung der Kirchen nimmt laut Umfrage mit zunehmendem Alter ab: Unter den 50- bis 59-Jährigen sprachen sich noch 52 Prozent dafür aus, unter den Über-60-Jährigen noch 48 Prozent. Insgesamt sagten aber auch 48 Prozent aller Befragten, die Kirche solle sich „mehr auf ihren traditionellen Kern konzentrieren“.
Die junge Generation steht laut der Studie der Kirche nicht so verschlossen gegenüber, wie oftmals angenommen wird. So seien 13 Prozent der 18- bis 29-Jährigen im vergangenen Jahr mit Social-Media-Angeboten der Kirchen in Berührung gekommen. Die Studienautoren rieten dazu, die Bedürfnisse dieser Zielgruppe stärker zu beachten, Online-Angebote zu optimieren und besser mit Offline-Angeboten zu verzahnen.
Generell sehen die Autoren in den Ergebnissen eine Chance für die Kirchen. „In diesen Zeiten wünschen sich vor allem junge Menschen Orientierung und sehen die Kirchen als wichtige Stimme an“, betonte Studienleiter Rainer Graf. Wichtig wären aber eine verbesserte Kommunikations- und Kampagnenfähigkeit, fügte er hinzu. Auch unter jenen, die zuletzt keine Berührungspunkte mit der Kirche hatten, wünschten sich 42 Prozent eine stärkere Positionierung.
Auch der direkte Kontakt zu den Gemeinden wurde erfragt: 54 Prozent der Befragten hätten im zurückliegenden Jahr keine Berührungspunkte zur Kirche gehabt, so die Umfrage. Bei denen, die mit ihr in Kontakt standen, ging es oft um Taufen, Hochzeiten oder Beerdigungen (22 Prozent). Bei Gottesdiensten waren demnach 17 Prozent mit der Kirche in Berührung. Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: An Weihnachten gingen sieben Prozent mehr Menschen in die Kirche als „unterjährig“.
Die Gruppe derjenigen, die mit der Kirche in Kontakt war, charakterisiert die Studie als „sehr divers“. Sie bilde „einen Querschnitt der Gesellschaft“. Der Gottesdienstbesuch habe bei jüngeren Familien mit mindestens einem Kind zugenommen und bei älteren Menschen über 60 abgenommen, hieß es weiter. Ob dies mit Corona zusammenhing oder auch damit, dass Eltern mit Kommunionkindern in der Zeit der Vorbereitung häufiger in die Kirche gehen als sonst, wurde allerdings nicht abgefragt.
An der Online-Studie beteiligten sich im Dezember den Angaben zufolge 1.000 Personen. 43 Prozent der Befragten gaben demnach an, Mitglied einer christlichen Kirche zu sein (21 Prozent evangelisch, 22 Prozent katholisch). Dies sei nicht weit entfernt von jenen 49,7 Prozent der Bevölkerung, die im Jahr 2021 Mitglied einer der beiden großen Kirchen waren, hieß es.