Alles andere als nichtssagend

Am Sonntag erwartet die Stiftung Kloster Dalheim ihre Gäste mit einer Schweige-Challenge, bestehend aus insgesamt 20 Stationen.
Alles andere als nichtssagend

Schweige-Parcours: 20 Mitmach-Stationen laden in der historischen Dalheimer Klausur zu einem Schweige-Selbstversuch ein. – Foto: Andreas Lechtape, Münster

Lichtenau-Dalheim – Am Sonntag erwartet die Stiftung Kloster Dalheim ihre Gäste mit einer Schweige-Challenge, bestehend aus insgesamt 20 Stationen. Bereits zum vierten Mal lässt die Stiftung Kloster Dalheim die klösterliche Tradition des Schweigens am ersten Sonntag der Fastenzeit wieder aufleben. Auch im Klosterwirtshaus gibt es die Möglichkeit, im Stillen zu speisen.

Die Stationen reichen vom „stillen Chillen“ in der Klosterkirche über einen japanischen Zen-Garten im Miniaturformat bis hin zum Mitmach-Kunstwerk. „Hier wird Verzicht zum Erlebnis“, wirbt Museumsdirektor Dr. Ingo Grabowsky für die ungewöhnliche Veranstaltung.

Lebensgefühl der Dalheimer Ordensleute

Die Veranstaltung der Stiftung Kloster Dalheim. LWL-Landesmuseum für Klosterkultur baut auf der Dauerausstellung in der mittelalterlichen Klausur des Klosters Dalheim auf, die den Alltag der Ordensleute in den Mittelpunkt rückt. „Der ‚Tag des Schweigens‘ geht noch einen Schritt weiter und lässt das Lebensgefühl der Dalheimer Ordensleute hinter die Klostermauern zurückkehren“, so Grabowsky. „Was bis heute in vielen Klöstern Realität ist, dürfte die Museumsgäste auch mal an ihre Grenzen bringen.“

Mit dem „Tag des Schweigens“ beruft sich das Kloster Dalheim auf eine der ältesten Tugenden klösterlichen Lebens. „Auf die intuitivste Art der Kommunikation zu verzichten, scheint den meisten heute nahezu unmöglich“, sagt Grabowsky. „Beim ‚Tag des Schweigens‘ geht es um das bewusste Innehalten in Zeiten, in denen wir ständig texten, facetimen und Sprachnachrichten senden. Das ist an sich schon eine Herausforderung.“

Schweigen im Selbstversuch

Wenn die Besucherinnen und Besucher am Sonntag die Dalheimer Klausur betreten, wird es ernst mit dem Schweige-Experiment: „Der ,Tag des Schweigens‘ bietet die Möglichkeit, Techniken und Perspektiven zur Kunst des Schweigens aus unterschiedlichen Kulturkreisen kennenzulernen“, er-läutert Museumspädagogin Pia Berendes den Ansatz der Dalheimer Veranstaltung. Dabei machten die Mitmach-Stationen auch auf die unterschiedlichen Aspekte und Wirkungen der Stille aufmerksam.

20 Mitmach-Stationen hat das Team der Stiftung Kloster Dalheim für seine Gäste zusammengestellt: Der Versammlungssaal des Konvents, der Kapitelsaal, erinnert an den Ursprung des klösterlichen Schweigens in der rund 1.500 Jahre alten Benediktregel. In der Klosterkirche lässt die eigene Wortlosigkeit die traditionellen klösterlichen Chorgesänge wirken. Im Kreuzgang erfahren die Museumsgäste, wie lang sich eine Minute ohne Worte anfühlen kann, und sie erfahren, was Dichter und Denker über das Schweigen zu sagen haben.

Beim meditativen Falten von Papier üben sie sich in Geduld und setzen mit bunten Origami-Kranichen ein kleines Zeichen für den Frieden. Die eigene Entspannung kann beim Gestalten eines japanischen Zen-Gartens ganz bewusst erlebt werden: Das Formen des kleinen Steingartens lädt spielerisch zur Meditation ein. Aber auch für Quasselstrippen und Dampfplauderer ist gesorgt: Wie im Mittelalter darf im Parlatorium – einem Raum mitten in der Klausur – gesprochen werden. Denn auch Ordensmitglieder brauchten eine Pause vom sprachlosen Alltag. Das Klosterwirtshaus schließlich serviert im Schonlau-Saal von 12 bis 17 Uhr regionale Gerichte mit der Möglichkeit, diese schweigend zu bestellen und zu genießen.

Schweigen und Verzichten

Im Zuge des Schweige-Experiments will das Museum seine Besucherinnen und Besucher auch einladen, über unterschiedliche Dimensionen des Verzichts gestern und heute zu reflektieren. So verbrachten die Augustiner-Chorherren in Dalheim einen Großteil ihres Klosterlebens im Schweigen. Sie verzichteten aber nicht nur auf das Sprechen, sondern mit dem Eintritt ins Kloster auch auf ihre alte Identität oder ihren privaten Besitz.

Der Eintritt in das Museum und die Teilnahme am Tag des Schweigens sind frei. Vereinzelt können Materialkosten entstehen. Das Museum ist am Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet.