Schicksalswochen für die Kirche

Viele Katholikinnen und Katholiken in Deutschland fordern Reformen. Auch viele Bischöfe machen sich dafür stark, aber der Vatikan tritt auf die Bremse. Jetzt beraten die Bischöfe, wie sie aus der Zwickmühle herauskommen. Schicksalswochen für die Kirche.
Schicksalswochen für die Kirche  Viele Katholikinnen und Katholiken in Deutschland fordern Reformen. Auch viele Bischöfe machen sich dafür stark, aber der Vatikan tritt auf die Bremse. Jetzt beraten die Bischöfe, wie sie aus der Zwickmühle herauskommen.

Bischof Georg Bätzing –Foto: © Synodaler Weg/Maximilian von Lachne

Für die katholische Kirche in Deutschland stehen in den beiden kommenden Wochen wichtige Entscheidungen an. Erst treffen sich die Bischöfe in Dresden, um eine gemeinsame Linie zu finden, dann kommt es in Frankfurt zum vorläufigen Abschluss des Reformprojekts Synodaler Weg. Mit Spannung wird erwartet, welche Folgen das Nein aus Rom zu wichtigen Elementen des Projekts hat.

Der Vatikan hatte im Januar die Spielräume für Kirchenreformen in Deutschland deutlich eingeschränkt. In einem Schreiben wandte er sich gegen die geplante Errichtung eines Synodalen Rats, in dem Bischöfe, Priester und Laien gemeinsam über Grundsatzfragen und Finanzmittel beraten und entscheiden. Der Vatikan sieht in einem solchen Gremium eine unzulässige Einschränkung der bischöflichen Autorität.

Anlass für das Stoppsignal aus Rom war eine briefliche Anfrage der Ortsbischöfe aus Köln, Augsburg, Eichstätt, Passau und Regensburg. Sie wollten vom Vatikan wissen, ob sie verpflichtet sind, an einem Synodalen Ausschuss mitzuarbeiten, der den Synodalen Rat vorbereiten soll. Nach der Antwort stellt sich nun die Frage: Welche Zukunft hat ein solcher Ausschuss, wenn es den Rat gar nicht geben soll?

Bisher unterstützt eine klare Mehrheit in der Bischofskonferenz die Reformanliegen des Synodalen Wegs. Die Kirche will damit auch Konsequenzen aus dem Skandal um den vielfachen Missbrauch von Kindern durch Geistliche ziehen. Doch das Nein aus Rom könnte einige Bischöfe nun veranlassen, ihre Position zu überdenken und sich der Minderheit anzuschließen, die den Synodalen Weg kritisch sieht. Die Briefeschreiber, die ihren Vorstoß nicht mit der Bischofskonferenz abgesprochen hatten, könnten auf diese Weise Unterstützung bekommen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Georg Bätzing, will an den Reformplänen des Synodalen Wegs festhalten. Er hofft zum Beispiel darauf, dass die Bischöfe bei ihrem Treffen vom 27. Februar bis 2. März in Dresden eine gemeinsame Linie zugunsten von Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare finden. In vielen Kirchengemeinden sind solche Feiern bereits möglich, obwohl gelebte Homosexualität nach traditioneller kirchlicher Lehre weiterhin Sünde ist.

Bei der Synodalversammlung in Frankfurt vom 9. bis 11. März wird dies ein Thema sein. Vermutlich noch kontroverser dürfte die Debatte über den kirchlichen Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt werden. In der Vorlage heißt es, geschlechtliche Vielfalt reiche über die Zweiheit von Mann und Frau hinaus und gehöre zu Gottes guter Schöpfung: „Die Abwertung trans- und intergeschlechtlicher Menschen insbesondere durch die Unterstellung einer ‚Gender-Ideologie‘ ist zu unterbinden.“

Ob es für diese Position die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Bischöfe geben wird, ist unklar. Auf weltkirchlicher Ebene ist dies auf jeden Fall eine Minderheitenposition, die bei der Weltbischofssynode in Rom im Oktober 2023 kaum eine Rolle spielen dürfte. Das ist ein Problem der Reformer: Die reformkritische Minderheit der deutschen Bischöfe sieht sich im Einklang mit fast allen Kurienkardinälen und mit einer Vielzahl von Bischofskonferenzen in anderen Ländern.

Von Bernward Loheide (KNA)