Viele heiße Eisen kamen erst am Schluss zur Abstimmung: Ob Zölibat, Frauen in der Kirche, Segnung für homosexuelle Paare oder Laienmitbestimmung in der Leitung der Kirche – immer wieder wurde heftig gerungen.
Frankfurt – Die fünfte und letzte beschlussfassende Vollversammlung des Synodalen Wegs war von Anfang an spannend. Begleitet von Sprechchören katholischer Frauenverbände, die volle Gleichberechtigung für Frauen in der katholischen Kirche forderten, begannen die Beratungen am Donnerstagnachmittag in den Räumen des neuen Tagungszentrums „Kap Europa“ am Rande der Frankfurter Messe. Schon hier wurde deutlich, wie sich die Mehrheitsverhältnisse in der katholischen Kirche in Deutschland derzeit in der Öffentlichkeit darstellen: Eine kleinere Gruppe konservativer Katholiken, die mit Marienliedern und Transparenten für die „Einheit mit Rom“ zu werben versuchten, wurde akustisch bei weitem überstimmt von dem lautstarken Ruf „Gleich und berechtigt!“
Ähnlich stellten sich die Verhältnisse im Versammlungssaal dar. Von rund 200 anwesenden Synodalen machte eine Mehrheit von mehr als 80 Prozent in Wortbeiträgen und Abstimmungen von Anfang an deutlich, dass sie weitreichende Veränderungen in der Lehre, im Kirchenrecht und im Handeln der katholischen Kirche will. Nur unter den anwesenden rund 60 Bischöfen gab es eine relevante Minderheit von etwa einem Drittel, die nicht allen Reformvorschlägen zustimmten. Allerdings wählten viele die Enthaltung, die laut der Satzung des Synodalen Wegs als nicht abgegebene Stimmen gezählt wird. Exemplarisch war die Abstimmung über die Einführung kirchlicher Segensfeiern für „Paare, die sich lieben“. Dieser Text soll für schwule und lesbische Paare, aber auch für Paare in erneuten Zivilehen nach Scheidungen einen öffentlichen Kirchensegen ermöglichen. Weitergehende Forderungen, auch im kirchlichen Kontext eine „Ehe für alle“ einzuführen, waren bereits in früheren Etappen herausgenommen worden.
Aber selbst in der, wie es radikalere Reformer ausdrückten, „weichgespülten Fassung“ des Textes, der lediglich eine Segnung und kein Ehesakrament für Paare gleichen Geschlechts vorsieht, war das Vorhaben für 20 von 58 abstimmenden Bischöfe nicht zustimmungsfähig. Hätte diese Minderheit geschlossen mit Nein gestimmt, wäre der Text wegen der satzungsgemäßen Sperrminorität von einem Drittel der bischöflichen Stimmen gescheitert. So aber entschieden sich die meisten von ihnen, elf an der Zahl, für eine Enthaltung – und ließen den Text passieren. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Ko-Präsident des Synodalen Wegs, Bischof Georg Bätzing, reagierte sichtlich erleichtert auf das Ergebnis, das laut Satzung als eine Zustimmung von über 80 Prozent gezählt wird und empfahl dieses Verhalten für weitere umstrittene Abstimmungen: „Es gibt auch die Möglichkeit der Enthaltung, um einen Text zu ermöglichen“, beschwor er seine bischöflichen Mitbrüder.
Und seine Ko-Präsidentin Irme Stetter-Karp vom Laiendachverband ZdK fügte mahnend hinzu, dass die Geduld der Laien mit den Bischöfen nicht unbegrenzt sein werde. Damit reagierte sie auf ein Verfahren, auf das sich die Bischöfe im Vorfeld bei ihrer internen Vollversammlung in Dresden verständigt hatten: Sie brachten in Frankfurt buchstäblich in letzter Minute präzise Änderungsvorschläge an Reformtexten ein, die sie als zu weitgehend empfanden und von denen sie „Spaltungspotenzial“ auf weltkirchlicher Ebene befürchteten. So wurde etwa ein Text, der den Papst bitten sollte, die Zölibatspflicht für Priester abzuschaffen, dahingehend geändert, dass er jetzt nur noch diese Pflicht „prüfen“ solle. In dieser Fassung ging der Text mit satter Mehrheit auch unter den Bischöfen durch. Ähnliche Glättungen der schärfsten reformerischen Spitzen gab es auch in anderen Texten. Und so stand am Ende die Gefahr im Raum, dass entschiedene Reformer die Papiere als allzu verzagt und kraftlos durchfallen lassen würden.
Die Debatten und Abstimmungen zogen sich bis in den Freitagabend hin, manches musste sogar auf den frühen Samstagmorgen vertagt werden. Bis kurz vor Schluss blieb daher offen, ob das umstrittenste aller Projekte die erforderliche Bischofsmehrheit finden würde: die dauerhafte Einrichtung eines Synodalgremiums, in dem von nun an Bischöfe, andere Kleriker und Laien gemeinsam über die Zukunft der Kirche in Deutschland entscheiden. Der Vatikan hatte dreimal gegen dieses Vorhaben interveniert – zuletzt mit einer „amtlichen“ Einlassung des Apostolischen Nuntius Nicola Eterovic bei der Bischofsvollversammlung in Dresden. Deshalb wurde mit Spannung erwartet, wie sich die Mahnungen aus Rom im Abstimmungsverhalten der konservativen Minderheit der Bischöfe niederschlagen würde.