Psychotherapeut warnt vor zu viel virtueller Welt im Alltag

Eine überbordende Mediennutzung kann nach Worten des Psychotherapeuten Kurt Brylla lebensnotwendige Entwicklungsprozesse von Kindern stören.
Eine überbordende Mediennutzung kann nach Worten des Psychotherapeuten Kurt Brylla lebensnotwendige Entwicklungsprozesse von Kindern stören.

–Symbolfoto:Nadine Doerlé/Pixabay

Eine überbordende Mediennutzung kann nach Worten des Psychotherapeuten Kurt Brylla lebensnotwendige Entwicklungsprozesse von Kindern stören. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) nannte er ein Beispiel: „Sie gehen mit Ihrem Kind spazieren. Das Kind entdeckt ein Vögelchen, einen besonderen Baum und sagt: Mama, guck mal. Es macht einen Unterschied, ob Sie als Mutter sofort interessiert reagieren – oder ob Sie gleichzeitig auf Ihr Handy schauen.“ Im letzteren Fall erfolge eine für das Kind wichtige Spiegelung seiner Erfahrung durch die Bezugsperson verzögert.

Er wolle die neuen Medien nicht verteufeln, und jeder und jedem passiere gelegentlich eine solche Situation, fügte der Experte hinzu. Kinder bekämen jedoch erst durch die Spiegelung ihrer Bezugspersonen ein Bild von sich selbst und von der Welt. Das Streben nach Bindungen wiederum sei „ein biologisch verankertes Bedürfnis des Menschen. Es ist nicht weniger bedeutungsvoll für das Überleben, die Reifung und Entwicklung als die Zufuhr von Nahrung, Schlaf und Schutz vor Kälte.“ Sinnvoll seien daher Angebote wie Feinfühligkeits-Training für Eltern, die es aber zu selten gebe.

Brylla: „Virtualisierung von Alltagsbeziehungen“

Ebenso mache sich eine „Virtualisierung von Alltagsbeziehungen“ bei Jugendlichen bemerkbar, fügte Brylla hinzu, der auch als Diakon tätig ist. Ihre Entwicklung der eigenen Identität sei „weniger von Begegnung und Beziehungserfahrung geprägt, eher von Erfahrungen im Netz. Zugleich sind junge Menschen häufiger von Einsamkeit betroffen, als viele vermuten.“

Früher habe man gesagt, dass manche Jugendliche sich in „Tagträume“ zurückzögen – heute werde dies durch „die virtuellen Welten“ unterstützt, erklärte der Psychotherapeut. Diese könnten „vorübergehend eine Hilfe sein, um sich von Sorgen abzulenken. Aber sie sollten nicht dazu führen, dass jemand einer schwierigen Situation dauerhaft ausweicht.“

Brylla äußerte sich aus Anlass der „Woche für das Leben“, die am 22. April in Osnabrück eröffnet wird. Die Aktionswoche der beiden großen Kirchen steht unter dem Motto „Generation Z(ukunft). Sinnsuche zwischen Angst und Perspektive“.

kna
  • Am 17. April spricht Kurt Brylla im Rahmen der „Woche für das Leben“ ab 19.30 Uhr in Bad Münder über das Thema: „Wieso? Weshalb? Warum? Wie sprechen wir mit unseren Kindern?“.