Publizisten: Anschlag von Halle hat junge Juden politisiert

Der rechtsterroristische Anschlag auf die Synagoge von Halle von 2019 hat  zahlreiche junge Jüdinnen und Juden politisiert.
Publizisten: Anschlag von Halle hat junge Juden politisiert

Die Synagoge in Halle (Saale). (Foto: Allexkoch/wikimedia/CC BY-SA 4.0)

Der rechtsterroristische Anschlag auf die Synagoge von Halle von 2019 hat den jüdischen Publizisten Monty Ott und Ruben Gerczikow zufolge zahlreiche junge Jüdinnen und Juden politisiert. „Viele haben sich danach ganz neu mit Antisemitismus auseinander gesetzt und engagieren sich nun auch politisch dagegen“, so Gerczikow am Freitag auf der Leipziger Buchmesse. „Viele wollen nicht in Wut und Trauer verharren, in der Opferrolle, sondern treten dem selbstbewusst entgegen und gründen solidarische Bündnisse und Initiativen.“ Das politische Engagement der jungen jüdischen Generation in Deutschland habe so einen deutlichen Schub erhalten.

Ott und Gerczikow stellten ihr neues gemeinsames Buch „‚Wir lassen uns nicht unterkriegen‘ – Junge jüdische Politik in Deutschland“ vor. „Wir wollen damit deutlich machen, dass man sich vom Antisemitismus nicht unterkriegen lassen darf und auch nicht vom weit verbreiteten Opfer-Narrativ“, erläuterte Ott. In dem Buch kommen unterschiedliche jüdische Identitäten und junge Akteure zu Wort, teils auch Betroffene des Anschlags von Halle. „Ihr Engagement ist auch ein selbstbewusstes Zurückerobern der eigenen Geschichte“, betonte Gerczikow.

Außerdem gehe es darum, die pauschalen, gängigen Vorstellungen vom Judentum zu durchbrechen: „Wir wollen zeigen, dass das jüdische Leben in Deutschland kein monolithischer Block ist, wie es gerne dargestellt wird.“ Als Jüdin oder Jude sei es sehr schwer, Gehör zu finden, wenn man sich nicht zu Antisemitismus, Schoah oder dem arabisch-israelischen Konflikt äußere. Auf diese drei Themen seien Juden im öffentlichen Diskurs in Deutschland immer noch sehr festgelegt.

Ott ergänzte: „In den vergangenen Jahren sind immer mehr junge jüdische Stimmen öffentlich wahrnehmbar geworden.“ Es seien vor allem die Kinder der jüdischen Einwandererinnen und Einwanderer der vergangenen 20 Jahre, als nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion der Zuzug von Jüdinnen und Juden nach Deutschland deutlich angestiegen ist. Gegenwärtig leben Schätzungen zufolge rund 25.000 Jüdinnen und Juden im Alter zwischen 18 und 35 Jahren in Deutschland.

kna