Seit 500 Jahren tragen Englands Monarchen den päpstlichen Ehrentitel „Verteidiger des Glaubens“. Kanada hat diesem Teil des Königstitels jetzt eine Absage erteilt – auch wenn Charles III. religiös tolerant unterwegs ist.
London – Bei der Krönung in England gibt es nun auch „Platz“ für andere Religionen. Wenn am Samstag (6. Mai) in Westminster Abbey Charles III. als Nachfolger von Königin Elizabeth II. gekrönt wird, spielt nicht mehr nur die anglikanische Staatskirche eine Rolle, sondern auch die Repräsentanten anderer Konfessionen und Religionen. Das bedeutet noch keineswegs eine panreligiöse Zeremonie, in der alle Glaubensbekenntnisse gleich behandelt würden; doch in mehreren „symbolischen Akten“ sind andere Religionsvertreter dabei.
König Charles III. wird vom Erzbischof gesalbt.
Im Krönungseid gelobt der Monarch unter anderem, die „rechtlich verfasste reformierte protestantische Religion“ und den Status der Kirche von England aufrechtzuerhalten. Im feierlichsten Teil der Zeremonie wird der König vom Erzbischof gesalbt. Bei der Krönung von Elizabeth II. 1953 – der ersten, der live im Fernsehen übertragen wurde – war der Gottesdienst noch fast ausschließlich anglikanisch gewesen. Lediglich ein Repräsentant der presbyterianischen Church of Scotland durfte der Queen eine Bibel überreichen. Denn eine staatskirchenrechtliche Besonderheit will, dass der Monarch des Vereinigten Königreiches in England Anglikaner und in Schottland ein Presbyterianer ist.
Anders als 1937 bei George VI. und 1953 bei Elizabeth II. werden diesmal wohl auch katholische Bischöfe teilnehmen. Damals hatten sie die Einladung zur Krönung noch aus stillem Protest abgelehnt. Denn bis 2015 schloss ein englisches Gesetz aus dem Jahr 1701, der sogenannte Act of Settlement, jeden von der Thronfolge aus, der „die päpstliche Religion bekennt oder einen Papisten heiratet“. Erst seit dem sogenannten Perth Agreement 2015 führt die Heirat mit einem Katholiken nun nicht mehr zu einem Ausschluss. Der Herrscher selbst muss aber – schon als weltliches Kirchenoberhaupt der Anglikaner – weiter der Staatskirche von England angehören.
Englands Könige tragen Titel „Verteidiger des Glaubens“
Englands Könige tragen den päpstlichen Ehrentitel „Defensor fidei“ (Verteidiger des Glaubens) – was historisch nicht ohne Ironie ist. Denn es war ausgerechnet König Heinrich VIII., der 1521 vom Medici-Papst Leo X. mit dieser Auszeichnung versehen wurde, da er zu diesem Zeitpunkt noch heftig gegen Martin Luther polemisierte. Später aber brach Heinrich VIII. mit Rom, weil der Papst seine Scheidung nicht anerkennen wollte. Der König begründete eine neue, anglikanische Kirche mit sich selbst an der Spitze, löste alle Klöster im Land auf und schlug deren Vermögen der Krone zu.
In der Vergangenheit bezogen die englischen Monarchen die „Verteidigung des Glaubens“ als „Defensor fidei“) fast ausschließlich auf die Church of England. Doch in der langen Regierungszeit Elizabeths, besonders nach dem Jahr 2000, hat sich der Blickwinkel deutlich geweitet. Ihr Sohn und Thronfolger Charles, nun König, hatte noch als Prince of Wales erklärt, eine multikulturelle Feier anzustreben. Später präzisierte er seine Aussage: Sein Aufgabe als „Beschützer des Glaubens“ verstehe er ausdrücklich mit Blick auf alle Religionen im Königreich.
Dank an katholische Kirche
Dass er gerade auch gegenüber der katholischen Kirche nicht ohne Sympathie ist, zeigte er mehrfach: Seine geplante Hochzeit mit Camilla Parker Bowles verschob er im April 2005, um sich nicht mit der Trauerfeier für Johannes Paul II. zu kreuzen – und um sogar persönlich daran teilzunehmen. Im Oktober 2019 war Charles zuletzt im Vatikan: bei der Heiligsprechung des ursprünglich anglikanischen Konvertiten John Henry Newman (1801-1890). In einem Text aus diesem Anlass schrieb der künftige König, diese Proklamation des ersten britischen Heiligen seit mehr als 40 Jahren sei „ein Grund zum Feiern nicht nur für das Vereinigte Königreich und nicht nur für die Katholiken, sondern auch für alle jene, die die Werte teilten, von denen Kardinal Newman inspiriert war“.
In einer Reflexion über Gewissensfreiheit angesichts von Verfolgung und Skeptizismus schrieb der Kronprinz damals: „Jene, die in einem intellektuell scheinbar zunehmend feindseligen Umfeld das Göttliche suchen, finden in Newman einen mächtigen Verbündeten, der das individuelle Gewissen gegen überwältigenden Relativismus verteidigte.“
Weiter wies Charles darauf hin, dass Kardinal Newman das Vertrauen in die katholische Kirche wiederhergestellt habe, „als sie sich in einem Land wieder etablierte, aus dem sie einst entwurzelt worden war“. Es gebe allen Grund, „dieser Gemeinschaft für ihren unermesslich wertvollen Beitrag zum Leben unseres Landes zu danken“.