Ein Brief von Kardinal Woelki an den Vatikan wird jetzt nochmals genauer unter die Lupe genommen. Wie passt seine Unterschrift zur Aussage, er kenne den Inhalt nicht? Schwerwiegende Konsequenzen könnten die Folge sein.
Köln – Nach einer Anzeige ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln nun auch wegen des Verdachts des Meineids gegen den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Wegen des sachlichen Zusammenhangs werde der Vorwurf mit einem anderen bereits anhängigen Verfahren verbunden, teilte Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit. 2022 hatte die Strafverfolgungsbehörde Ermittlungen wegen des Vorwurfs falscher Eidesstattlicher Versicherungen aufgenommen.
Anzeige wirft Woelki Meineid vor
In der Anzeige wird Woelki laut Willuhn vorgeworfen, Ende März vor dem Landgericht Köln unter Eid die Unwahrheit gesagt zu haben. Der Erzbischof, der gegen Darstellungen der „Bild“-Zeitung klagte, wurde im Rahmen des presserechtlichen Verfahrens als Partei persönlich vernommen. Laut Paragraf 154 Strafgesetzbuch wird Meineid vor Gericht mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, in minder schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Bei einer falschen Versicherung an Eides Statt droht laut Paragraf 156 Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
In der Sache geht es darum, ab wann Woelki Kenntnisse von zwei Dokumenten hatte, die einen von ihm beförderten Priester belasten. Woelki wehrt sich – auch in Form einer Eidesstattlichen Versicherung – gegen die „Bild“-Darstellung, er habe bei der Beförderung im Jahr 2017 eine Polizeiwarnung vor einem Einsatz des Priesters in der Jugendarbeit sowie ein Gesprächsprotokoll mit Vorwürfen eines Mannes gekannt.
Laut Gesprächsprotokoll erklärte der Kardinal vor Gericht unter Eid, dass ihm davon sogar „bis heute“ niemand etwas berichtet habe. Demgegenüber verweist der Anzeigen-Erstatter auf einen Brief Woelkis vom November 2018 an die Glaubenskongregation in Rom. Darin wird über sämtliche Vorwürfe gegen den beförderten Priester berichtet, auch über das besagte Schriftstück.
Erzbistum: Keine Details bekannt
Dazu bekräftigte das Erzbistum am Dienstag seine Erklärung vom April, dass das Schreiben Woelkis nach Rom zwar auf das Gesprächsprotokoll Bezug nehme, aber ohne Details zu übernehmen. Von daher gebe es keinen Widerspruch zu seinen Aussagen vor Gericht. Das von der zuständigen Fachstelle inhaltlich in eigener Verantwortung erstellte Schreiben habe der Kardinal zwar unterzeichnet, doch „an Einzelheiten eines Briefs an den Vatikan, der auf die betreffenden Dokumente Bezug nimmt, kann er sich nicht erinnern“. Weiter erklärte das Erzbistum, Woelki unterstütze ausdrücklich die Aufklärung und Aufarbeitung des Sachverhalts durch die Staatsanwaltschaft.
In einem Ende April verkündeten Urteil hatte das Landgericht Köln dem Kardinal Recht gegeben. Dabei war es um die Frage gegangen, was er 2017 zum Zeitpunkt der Beförderung des Priesters gewusst hatte. Der Axel-Springer-Verlag kündigte an, dagegen in Berufung gehen zu wollen.
Über das presserechtliche Verfahren hinaus geht auch die Staatsanwaltschaft weiter der Frage nach, wann Woelki was wusste. Nachdem die frühere Sekretärin von Woelkis Vorgänger, Kardinal Joachim Meisner, vor der Pressekammer ausgesagt hatte, sie habe Woelki schon um das Jahr 2010 in seiner Zeit als Kölner Weihbischof über aus ihrer Sicht grenzüberschreitendes Verhalten des Priesters berichtet, nahm die Behörde wegen einer möglichen Falschaussage Ermittlungen auf.
Vorwurf einer weiteren Falschaussage
Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs einer weiteren Falschaussage. Anlass ist ein „Bild“-Bericht über die Missbrauchsvorwürfe gegen den Ex-Präsidenten des Kindermissionswerks „Die Sternsinger“, Winfried Pilz (1940-2019). Der Geistliche verbrachte seinen Ruhestand im Bistum Dresden-Meißen, das schon von Meisner nicht über die Vorwürfe informiert worden war. Woelki weist die „Bild“-Aussage zurück, sich gegen ein Nachholen der Meldung entschieden zu haben. Hier ist das zivilrechtliche Verfahren abgeschlossen – das Landgericht gab dem Erzbischof hier Recht.