Weltbienentag: Fachleute fordern Artenschutz für Insekten

Es wird spürbar wärmer, und schon machen sich Fliegen, Mücken und weitere Krabbeltierchen bemerkbar. Das könnte sich künftig ändern – mit verheerenden Folgen. Fachleute mahnen daher, den Artenschutz ernstzunehmen.
Es wird spürbar wärmer, und schon machen sich Fliegen, Mücken und weitere Krabbeltierchen bemerkbar. Das könnte sich künftig ändern - mit verheerenden Folgen. Fachleute mahnen daher, den Artenschutz ernstzunehmen.

–Symbolfoto: Anja/Pixabay

Bonn – Vor Spinnen fürchten sich manche, Fliegen nerven, Mücken stechen – und für Wespen gilt all das zugleich. Dennoch hätten diese Tiere ein genauso großes Recht, auf der Erde zu sein, wie die Menschen auch, betont der Biologe und Buchautor David Goulson. Insekten übernehmen im biologischen Kreislauf wichtige Aufgaben. Prominentestes Beispiel ist die Bestäubung von Pflanzen: „Sich nur auf einen einzigen Bestäuber zu verlassen, etwa die heimische Honigbiene, ist eine kurzsichtige Strategie, weil es für diesen Bestäuber, falls er aus irgendwelchen Gründen ausfällt, keinen Ersatz gibt“, schreibt Goulson in seinem Buch „Stumme Erde“.

Fachleute: Bienen reichen als Bestäuber nicht aus

Schon jetzt reichten Bienen – global betrachtet – als Bestäuber nicht aus, ergänzen Frauke Fischer und Hilke Oberhansberg in „Was hat die Mücke je für uns getan?“. Zudem sind Bienen gar nicht geeignet, jede Pflanzenart zu bestäuben. Als Beispiel nennen die Wissenschaftlerinnen die Bartmücke, die als einzige Art in die Blüte der Kakaopflanze hineinkrabbeln kann. „Ohne Mücke also keine Schokolade“, schreiben Fischer und Oberhansberg: „Das reicht als Argument, oder?“

Und: Sind die Bestäuber erst einmal ausgefallen, lassen sie sich nicht einfach ersetzen, mahnt die Biologin Katrin Böhning-Gaese. Dies werde bisweilen „unter extrem hohem Aufwand“ versucht, etwa mit händischer Bestäubung per Pinsel in China, sagte sie jetzt der Welt. Auch in Bengalen und in Teilen von Brasilien gibt es schon jetzt einen Mangel an Insekten. Viele Bestäuber sind zugleich natürliche Feinde von Pflanzenschädlingen – fallen sie weg, entsteht also in gewisser Weise ein doppelter Schaden.

Drei Viertel aller Nutzpflanzen, die der Mensch anbaut, sind nach Worten von Böhning-Gaese von Insekten abhängig. Auch führe eine hohe Vielfalt an Insekten im Wald zu mehr Holzertrag und Kohlenstoffspeicherung. All das sei vielen Menschen jedoch kaum bewusst, mahnt die Ökologie-Professorin: „Die meisten Menschen sorgen sich um Tiger und Orang-Utans oder die tropischen Regenwälder.“

Das Problem spielt sich vor der eigenen Haustür ab

In der Tat verschwänden dort viele Arten, doch das Problem spiele sich ebenso vor der eigenen Haustür ab: Hierzulande gingen Pflanzen und Tiere durch intensive Landwirtschaft verloren. Auch Goulson zeigt sich skeptisch. „Niemand wird jemals den Earwig Preservation Trust gründen“, sagt er, also die „Stiftung zur Erhaltung des Ohrenkneifers“. Es gelte, den Menschen zu erklären, „dass diese Insekten lebenswichtige Dinge tun und dass sie wirklich faszinierend sind“.

Ein Problem sieht der Biologe darin, dass viele Menschen generell nur noch wenig Bezug zur Natur hätten. „Wenn die Leute ein wenig mehr Zeit auf ihren Händen und Knien verbringen würden, dann würden sie feststellen, dass Insekten gar nicht so eklig sind.“ Zugleich boomen Garten- und Balkonarbeit; zudem nennen Soziologen, Neurowissenschaftler und Lifecoaches die Verbundenheit mit der Natur als eine wichtige Voraussetzung für persönliche Zufriedenheit. Eine Chance für die Insekten?

Die meisten Menschen betrachteten den Schutz der Natur durchaus als lohnenswertes Ziel, meinen Fischer und Oberhansberg. Aber: Den Gang in den Supermarkt bringe kaum jemand mit der Zerstörung von Regenwäldern oder Korallenriffs in Verbindung. Dabei brauche es für das Thema die gleiche Aufmerksamkeit wie für den Klimawandel, betont Böhning-Gaese: „Beide Krisen verstärken sich gegenseitig. Beim Klimawandel geht es darum, wie wir überleben, beim Artensterben, ob wir überleben. Keine Spezies kann allein existieren, auch nicht der Mensch.“

Candy Storm im öffentlichen Bewusstsein

Immerhin erfahren manche Tiere im öffentlichen Bewusstsein einen regelrechten Candy Storm: Neben Schmetterlingen sind auch Bienen präsenter und beliebter denn je, nicht zuletzt um den Weltbienentag am 20. Mai herum – verstärkt durch prominente Imker wie König Charles III. oder auch den Bestseller „Die Geschichte der Bienen“ von Maja Lunde. Bald ist wieder Gelegenheit, das Wissen zu vertiefen: Vom 2. bis 11. Juni sowie vom 4. bis 13. August lädt der NABU zur Aktion „Insektensommer“. Interessierte mögen dann wieder eine Stunde lang alle Krabbeltierchen im heimischen Garten oder auf dem Balkon zählen und dokumentieren.

Von Paula Konersmann (KNA)