Im Streit um eine Schmähplastik an der Außenfassade der Stadtkirche in Wittenberg hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, seine Forderung nach einer Aberkennung des Unesco-Welterbestatus erneuert.
München – Im Streit um eine Schmähplastik an der Außenfassade der Stadtkirche in Wittenberg hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, seine Forderung nach einer Aberkennung des Unesco-Welterbestatus erneuert. „Sollte die Kirchengemeinde in Wittenberg nicht reagieren, werde ich mich an Außenministerin Baerbock wenden“, sagte Klein der Süddeutschen Zeitung (Online Freitag). Dann müsste die deutsche Botschaft angewiesen werden, bei der Unesco in Paris die „Entlistung“ aus dem Verzeichnis des Weltkulturerbes zu beantragen.
Verunglimpfung von Religionen mit Grundprinzipien der Unesco unvereinbar
Die Zeitung berichtet zudem, dass die Bundesregierung die judenfeindliche Darstellung bei der ursprünglichen Unesco-Bewerbung ausgespart habe. Sie hatte sich in den 1990er Jahren um die Aufnahme von Wittenberg und Eisleben in die Liste bemüht. Die Verunglimpfung von Religionen ist mit den Grundprinzipien der Unesco unvereinbar; dies ist seit 1995 festgeschrieben. Kürzlich hatte Klein im „Spiegel“ auf einen ähnlichen Fall verwiesen: „2019 wurde der Karneval im belgischen Aalst wegen antisemitischer Darstellungen von der Liste des Weltkulturerbes gestrichen“.
Die mittelalterliche in Stein gemeißelte Schmähplastik einer „Judensau“ zeigt an der Südfassade der Stadtkirche eine Sau, an deren Zitzen Menschen trinken, die Juden darstellen sollen. Ein als Rabbiner dargestellter Mensch blickt dem Tier in den After. Schweine gelten im Judentum als unreine Tiere. Solche Schmähplastiken sind im Mittelalter auch an anderen Kirchen angebracht worden.
Experten-Gremium hatte für Abnahme der Schmähplastik votiert
Im Oktober 2022 hatte der Gemeindekirchenrat in Wittenberg nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs entschieden, die Schmähplastik an der Außenfassade zu belassen und die schon bestehende „Stätte der Mahnung“ weiterzuentwickeln. Ein zuvor eingesetztes Experten-Gremium hatte für eine Abnahme votiert. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu einer Beschwerde steht noch aus.
Mitte April hatte die evangelische Kirchengemeinde die Mahnstätte an der Stadtkirche mit einer aktualisierten Infotafel versehen und drei Roll-Ups in der Kirche aufgestellt, die über den christlichen Antijudaismus informieren unter anderem auch bei Reformator Martin Luther sowie in Verschwörungstheorien. Der Text auf der Infotafel wurde demnach um die Bitte um Vergebung an „Gott und das jüdische Volk“ ergänzt.