Hoffnung auf Gespräch zwischen Kirchen Russlands und der Ukraine

Die orthodoxen Kirchen Russlands und innerhalb der Ukraine sind zerstritten – der Krieg zerrüttete ihr Verhältnis noch weiter. Nun gibt es leise Hoffnung auf eine Annäherung.
Ukraine nimmt orthodoxer Kirche Hauptkathedrale in Kiew weg

–Foto: Деревягін Ігор – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Die Mariä-Entschlafens-Kathedrale in Kiew. https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=28191180

Der Weltkirchenrat (ÖRK) sieht wachsende Chancen, dass die orthodoxen Kirchen Russlands und der Ukraine an einem Runden Tisch zusammenkommen. Wie der ÖRK am Donnerstag in Genf nach einem Treffen seines Generalsekretärs Jerry Pillay mit dem russich-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. in Moskau mitteilte, äußerte Kyrill I. zwar wegen „fest verwurzelter äußerer Einflüsse“ Zweifel an der Durchführbarkeit eines solchen Dialogs. Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche habe sich aber bereit erklärt, sich an so einem Diskussionsforum zu beteiligen, obgleich zunächst noch interne Konsultationen im Moskauer Patriarchat nötig seien.

ÖRK will Gespräche zwischen zerstrittenen Kirchen herbeiführen

Der ÖRK will Gespräche der beiden zerstrittenen orthodoxen Kirchen der Ukraine und der russisch-orthodoxen Kirche im Herbst herbeiführen, um nach eigenen Angaben Brücken hin zu Frieden und Versöhnung zu bauen. Das Moskauer Patriarchat berichtete hierzu nur, Kyrill I. habe Pillay bei dem Gespräch am Mittwoch zugesagt, die Idee des ÖRK „zu besprechen“, einen Runden Tisch mit Vertretern der Kirchen aus Russland und der Ukraine zu organisieren. Der Patriarch betonte demnach, dass die russisch-orthodoxe Kirche den Willen des ÖRK schätze, zum Frieden beizutragen.

Vor einer Woche hatte eine Delegation des Weltkirchenrats auch in Kiew Gespräche geführt. Dabei sollen laut ÖRK die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK) und die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) ihre „grundsätzliche Zustimmung“ zur Teilnahme an Gesprächen signalisiert habe. Der Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, Bayerns evangelischer Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, hofft, dass es in der ersten Oktoberwoche dazu kommt.

Die Herbeiführung eines solchen Diskussionsforums gilt nicht nur wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine als sehr schwierig. Die russisch-orthodoxe Kirche spricht der 2018 gegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine die Existenzberechtigung ab. Daher brach sie ihre Kontakte zum Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, ab, weil dieser die OKU mit ins Leben rief und sie auch als autokephal (eigenständig) anerkannte.

UOK und OKU streiten heftig um die Vorherrschaft.

Für die Ukraine ist andererseits Kyrill I. ein Rotes Tuch, weil er Russlands Angriffskrieg gegen das Land unterstützt und ein wichtiger Verbündeter von Kreml-Chef Wladimir Putin ist. Großbritannien, Tschechien, Litauen, Kanada und die Ukraine verhängten deswegen Sanktionen gegen den Moskauer Patriarchen; EU-weite Strafmaßnahmen gegen ihn scheiterten 2022 am Widerstand Ungarns. In der Ukraine streiten die UOK und die OKU heftig um die Vorherrschaft. Die UOK unterstand lange dem Moskauer Patriarchen. Erst im Mai 2022 sagte sie sich von ihm los und erklärte sich für unabhängig. Dieser Schritt wird aber von der ukrainischen Regierung angezweifelt. Sie unterstützt die OKU. Diese ging aus zwei Kirchen hervor, die sich bereits vor mehr als 30 Jahren vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten.

Die russisch-orthodoxe Kirche ist die größte Mitgliedskirche des ÖRK. Dem Ökumenischen Rat der Kirchen gehören derzeit 352 protestantische, anglikanische, orthodoxe und altkatholische Kirchen sowie kirchliche Gemeinschaften in mehr als 110 Ländern an. Sie repräsentieren nach eigenen Angaben weltweit rund 580 Millionen Christen. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied des ÖRK.

Von Oliver Hinz (KNA)