Ein neuer Bericht gibt Aufschluss über Schäden an Welterbestätten durch das schwere Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar dieses Jahres.
Berlin – Ein neuer Bericht gibt Aufschluss über Schäden an Welterbestätten durch das schwere Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar dieses Jahres. Der am Freitag veröffentlichte Jahres-Report von World Heritage Watch (WHW), eines globalen Netzwerks zur Überwachung von Unesco-Welterbestätten, nimmt neben zahlreichen anderen Orten weltweit vier Welterbestätten in den beiden betroffenen Ländern in den Blick.
Es handelt sich um Diyarbakir mit seinen massiven Stadt- und Festungsmauern in Türkisch-Kurdistan sowie um drei Stätten in Syrien: die historische Stadt Aleppo, die „Antiken Städte Nordsyriens“ im kriegsgeschundenen Gouvernement Idlib, und die beiden mittelalterlichen Burgen Crac des Chevaliers und Qal’at Salah El-Din weiter südlich.
Aleppo wurde sehr schwer getroffen
„Aleppo wurde sehr schwer getroffen, während die Schäden an den anderen Orten zwar weit verbreitet, aber weniger schwerwiegend sind“, sagte Stephan Doempke, Vorsitzender von World Heritage Watch und Herausgeber des Berichts. Einige Gebäude müssten dringend stabilisiert werden; viele Gebäude in Aleppo, die bereits im Krieg zerstört wurden, seien nicht fachgerecht restauriert worden und hätten die schwersten Erdbebenschäden erlitten, so der Experte. „Die Situation in Syrien wird durch die Tatsache verschärft, dass internationale öffentliche Organisationen aufgrund der gegen das Assad-Regime verhängten Sanktionen nicht im Land arbeiten können.“
Die Berichte wurden von lokalen Nichtregierungsorganisationen, Experten sowie von Aktivisten unmittelbar nach dem Erdbeben zusammengestellt, aber auch ein offizieller Bericht der syrischen Generaldirektion für Altertümer und Museen wurde aufgenommen.
Unesco ist in Verfahrensfragen und politischem Lobbyismus gefangen
Die Dokumentation ist Teil eines Sonderberichts im WHW-Report 2023, in dem weitere 45 Welterbestätten auf der ganzen Welt aufgeführt sind, die durch Übertourismus, Klimawandel oder mutwillige Zerstörung durch Regierungsprojekte bedroht sind. „Wir fragen uns, warum einige von ihnen in diesem Jahr nicht einmal auf der Tagesordnung des Welterbekomitees stehen. Die Unesco ist in Verfahrensfragen und politischem Lobbyismus gefangen“, kritisierte Doempke die UN-Kulturorganisation.
Fälle, in denen die Unesco sofort eingreifen sollte, sind demnach die laufende Vertreibung der indigenen Maasai aus dem Ngorongoro-Schutzgebiet in Tansania, die Verschandelung der Akropolis von Athen, der einsturzbedrohte Berg in der Nähe von Potosi in Bolivien, die Austrocknung des spanischen Donana-Nationalparks und der Plan, die bedeutendste archäologische Stätte von Sankt Petersburg für einen Geschäftskomplex zu zerstören.
Im historischen Kairo, wo den Angaben zufolge die wohl bedeutendste Nekropole der islamischen Welt dem Erdboden gleichgemacht wird, um Platz für eine Autobahn zu schaffen, hätten sich Dutzende ägyptische Intellektuelle aus Frustration über die Untätigkeit der Unesco direkt an das Land, das den Vorsitz des Welterbekomitees innehat – Saudi-Arabien – gewandt. Als Hüter des Islams solle Saudi-Arabien retten, was von der Nekropole übrig sei, so der Appell.