Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen hat die orthodoxe Kirche in Jerusalem am Montag ihre Pfingstprozession zum Abendmahlssaal und dem darunterliegenden Davidsgrab gefeiert.
Jerusalem – Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen hat die orthodoxe Kirche in Jerusalem am Montag ihre Pfingstprozession zum Abendmahlssaal und dem darunterliegenden Davidsgrab gefeiert. Rund 400 Christen, darunter mehrere Bischöfe, Priester und zahlreiche Nonnen, zogen eskortiert von Polizei und Militär unter Gesängen und Gebeten vom orthodoxen Seminar auf dem Zionsberg zur traditionellen Stätte des Pfingstereignisses. Nach einer Gebetszeremonie im christlichen Abendmahlssaal stiegen sie hinunter zu dem von Juden verehrten Davidsgrab, sprachen Gebete und entzündeten Weihrauch.
Polizei und Militär hatten das Gelände weiträumig abgesperrt und die dort gelegene Talmud-Schule (Jeschiwa) evakuiert, nachdem es in vergangenen Jahren am orthodoxen Pfingstmontag immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzen zwischen Christen und Juden gekommen war. Auch jetzt wurde als Zeichen jüdischer Proteste an verschiedenen Stellen das Schofar (Widderhorn) geblasen.
Nach dem sogenannten Status quo, der in Jerusalem Gottesdienstorte und -zeiten regelt, dürfen die Orthodoxen an ihrem Pfingstmontag, der sich nach dem Julianischen Kalender richtet, die Heilige Stätte auf dem Zionsberg besuchen. In früheren Jahren hatten sich dazu Gruppen ultraorthodoxer Juden an ihrer religiösen Stätte, dem Davidsgrab, verbarrikadiert, um die Christen vom Gebet abzuhalten. In diesem Jahr sperrte die Polizei bis zum Ende der einstündigen Zeremonie alle Zugänge zur Jeschiwa mit Kabelbindern ab.
Viele Juden verehren an dem Ort auf dem Zionsberg das Grab des biblischen Königs David. Nach christlicher Tradition liegt darüber der Saal, in dem Jesus das Letzte Abendmahl feierte. Am gleichen Ort fand nach biblischer Überlieferung an Pfingsten die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel statt. Dieser mittelalterliche Komplex am Rand der Jerusalemer Altstadt ist seit langem ein Zankapfel. Seit 1948 wird er vom israelischen Religions- und Tourismusministerium verwaltet. Während er für Besichtigungen zugänglich ist, dürfen öffentliche Gebete im Abendmahlssaal nur in Ausnahmefällen stattfinden.
Früheste bauliche Reste des Abendmahlssaals stammen aus dem 5. Jahrhundert. 1333 wurde das verfallene Heiligtum den Franziskanern anvertraut; diese errichteten daneben ihre Zentrale und gaben dem Abendmahlssaal seine heutige gotische Gestalt. Mitte des 16. Jahrhunderts wandelten Muslime den Saal in eine Moschee um.
1948 fiel der Zionsberg im ersten Israelisch-arabischen Krieg an Israel. Da bis zur Eroberung der Altstadt 1967 Juden keinen Zugang zur Klagemauer hatten, entwickelte sich das sogenannte Davidsgrab, das im unteren Teil des Gebäudes verortet wurde, zu einem beliebten Pilgerziel. Dieser untere Teil wurde in eine Synagoge umgestaltet, der Abendmahlssaal selbst zum Museum.