Wie hoch darf ein Minarett sein?

Wie hoch darf ein Minarett sein? Ein Islamberater für Städte und Kommunen beschreibt in seinem Buch seine Erfahrungen aus einem schwierigen und emotionsbesetzten Themenfeld.
Wie hoch darf ein Minarett?

Die Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh –Symbolfoto: uw

Wie mit extremistisch wirkenden muslimischen Jugendlichen umgehen, wie auf den Bauantrag für eine Moschee reagieren und wie mit dem Wunsch nach einem Friedhof für Muslime? Fragen mit großem Konfliktpotenzial, die sich zwar in allen Städten und Kommunen stellen, die aber viele Bürgermeister und Oberbürgermeister samt ihren Verwaltungen überfordern.

Antworten aus der Praxis gibt das am Dienstag vorgestellte Buch „Als Islamberater unterwegs durch Baden-Württemberg“. Geschrieben hat es Hussein Hamdan, der in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart den Fachbereich Muslime leitet. Seit 2015 stellt die bundesweit für den christlich-islamischen Dialog bekannte katholische Einrichtung ihre Informationen und Expertise zur Verfügung, begleitet Konflikt- und Dialogprozesse und will lokale Kompetenzen beim Thema Islam fördern. Beschrieben wird in dem Buch die Arbeit der Beratenden grundsätzlich anonymisiert. Das hat vor allem damit zu tun, dass Städte und Kommunen großes Interesse daran haben, Konfliktfelder diskret besprechen zu können.

Nicht selten müssen Gerichte entscheiden

Das Land unterstützt die kostenfreien Beratungsangebote mit jährlich rund 50.000 Euro. Bislang wurde das Angebot in mehr als 200 Fällen in Anspruch genommen – sowohl vor Ort als auch telefonisch und online. Die Nachfrage steigt, der Bedarf an Hilfe wächst, wie Hamdan schreibt. Zu den Projektpartnern gehören die Robert Bosch Stiftung und die Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl. Bundesweit als Paradebeispiel für einen Konflikt gilt der Wunsch nach einer Moschee. Aber wie hoch dürfen die Minarette und wie groß die Kuppel sein, darf der Ruf des Muezzin erschallen, und wer finanziert das Gotteshaus überhaupt? Verwaltungen reagieren auf entsprechende Anfragen muslimischer Gruppen und Verbände oft skeptisch bis ablehnend, tun sich mit Entscheidungen schwer. Nicht selten müssen Gerichte entscheiden.

Häufig hört Hamdan bei seinen Gesprächen die Frage, wie es denn sein könne, dass Muslime in Deutschland eine Moschee bauen wollten, während etwa Christen in Saudi-Arabien der Bau einer Kirche verwehrt werde. Hamdan rät, solche Anfragen ernst zu nehmen. Er warnt davor, Menschen vorschnell einer rechten Ecke oder einem islamfeindlichen Lager zuzuordnen. Für entscheidend hält er das jeweilige Diskussionsklima vor Ort. Hamdan, ein promovierter Islam- und Religionswissenschaftler, nennt als Ziel für Beratungen, Konflikte „nicht zuzukleistern, sondern zu lösen“. Und er traut sich deshalb in seinem Buch, konkrete Empfehlungen auszusprechen – etwa für den Moscheebau und Muezzinruf.

Chancen und Hürden

Ein weiterer Schwerpunkt der Beratung ist die Einordnung muslimischer Gruppen: Wer steht wo? Mit wem kann ich über Fragen und Probleme offen und ehrlich sprechen, bei welchen Vereinen und Verbänden ist Zurückhaltung geboten? Auch hier scheut sich der Autor nicht, ganz konkrete Ratschläge zu geben. Beim Umgang mit Salafisten rät er beispielsweise, sich umfassend zu informieren und gegebenenfalls auch Sicherheitsbehörden einzuschalten.

Tipps gibt Hamdan auch zur Frage der islamischen Jugendarbeit, benennt Chancen und Hürden. Und er befasst sich damit, wie es gelingen kann, Muslime ganz allgemein besser am Leben einer Stadt oder einer Kommune zu beteiligen, um so eine Ghetto-Bildung zu vermeiden oder zumindest aufzubrechen zu versuchen. Als wichtigen Akteur solcher zivilgesellschaftlichen Prozesse beschreibt er die Kirchen und deren interreligiöse Gesprächsangebote. Statt überhebliche Vorurteile gegenüber Muslimen, die Hamdan manchen kommunalen Verwaltungen bescheinigt, zu verfestigen, will er mit seinem Buch erklären und einordnen, warnen und ermuntern. Im Ergebnis formuliert er ein Plädoyer für gelingende Teilhabe.

Von Michael Jacquemain (KNA)