In Haiti ist nach jahrelangen Kämpfen rivalisierender Banden offenbar Bewegung in die völlig außer Kontrolle geratene Lage gekommen.
Port-au-Prince – In Haiti ist nach jahrelangen Kämpfen rivalisierender Banden offenbar Bewegung in die völlig außer Kontrolle geratene Lage gekommen. Wie der „Miami Herald“ am Freitag berichtet, haben vier der gefürchtetsten Bandenführer eine Erklärung unterschrieben, an der Friedensinitiative eines katholischen Priesters aus den USA mitzuwirken. Laut Bericht sollen die Bandenführer, darunter auch der mächtige Gangchef „Barbecue“, ein Papier unterzeichnet haben mit der Verpflichtungserklärung: „Wir versprechen unserem liebenden Gott, hart daran zu arbeiten, die Gewalt zu beenden und allen Menschen Frieden zu bringen.“ Der amerikanische Priester Tom Hagan sagte dem „Miami Herald“: „Sie sagen nicht: ‚Wir hören auf zu schießen’…Aber sie sagen, dass sie mehr für Frieden und Vergebung sind.“
Ein bisschen Hoffnung
Auch ohne einen ausdrücklichen Waffenstillstand habe sich in den vergangenen Tagen die Lage rund um die Hauptstadt Port-au-Prince verbessert, es gebe deutlich weniger Schießereien, die Banden hielten sich zurück, Kinder spielten auf den Straßen, berichtete der Priester. „Die Menschen haben jetzt ein bisschen Hoffnung.“
Hagan ist einer von mehreren katholischen Geistlichen, die trotz der Gefahren und Morde in Haiti geblieben sind. Seit Wochen treffe sich Hagan mit den Bandenführern und versuche, eine Einigung zu erzielen. Bislang hat er sie dazu gebracht, das Dokument zu unterschreiben. Hagan glaube, dass die Bandenführer „mir vertrauen“, aber dass seine Möglichkeiten begrenzt seien. Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt für eine bekannte und respektierte Persönlichkeit, sei es in Haiti oder in den USA, um den Prozess fortzuführen. „Wir brauchen jemanden, der vielleicht eine stärkere Präsenz als ich hat“, sagte Hagan.
Fast drei Millionen Kinder hungern
Haiti wird seit Monaten von politischer Instabilität und Unruhen erschüttert. Insbesondere in der Hauptstadt Port-au-Prince toben schwere Kämpfe zwischen den rivalisierenden Banden. Die UN geht davon aus, dass 60 Prozent des Stadtgebietes von bewaffneten Banden kontrolliert werden. Im Juli 2021 wurde Staatspräsident Jovenel Moise ermordet.
Haiti gilt als das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Es wurde in den vergangenen Jahren zudem von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürmen erschüttert, zuletzt kam eine Cholera-Welle hinzu, die Hunderte Tote forderte. Erst in der vergangenen Woche hatte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef die Zahl der von Hunger bedrohten Kinder in Haiti auf fast drei Millionen Kinder und Jugendliche geschätzt.