Vor dem Hintergrund einer schwindenden Akzeptanz für die Kirchensteuer hat der Theologe Matthias Sellmann deutliche Signale von der Kirche gefordert.
Bochum – Vor dem Hintergrund einer schwindenden Akzeptanz für die Kirchensteuer hat der Theologe Matthias Sellmann deutliche Signale von der Kirche gefordert. „Wir müssen ein Zeichen setzen, dass wir uns nicht eigennützig an der Öffentlichkeit bereichern, sondern weiterhin engagierter Teil dieser Öffentlichkeit sein wollen“, sagte der Bochumer Pastoraltheologe am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur. Ein gutes Zeichen dafür wäre laut Sellmann, wenn die Kirche etwa auf eine finanzielle Ablösung der Staatsleistungen verzichten würde.
Ablösung der Staatsleistungen wäre Zeichen
Die Staatsleistungen sind eine Art Entschädigung dafür, dass bei der Säkularisation 1803 viel Kirchenbesitz verstaatlicht wurde. Für die beiden großen Kirchen machen sie jährlich etwa 600 Millionen Euro aus; davon gehen rund 60 Prozent an die evangelischen Landeskirchen. Bislang haben Bund, Länder und Kirchen noch keine Ablösung vereinbart.
Zuvor hatten bei einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) fast drei Viertel der Befragten angegeben, dass sie das Einziehen der Kirchensteuer nicht mehr für zeitgemäß halten. Nur 13 Prozent sahen dies anders.
Gesellschaftliche Bindungsfähigkeit nimmt ab
Die Fragestellung nach „zeitgemäß“ bezeichnete Sellmann zwar als suggestiv. Zugleich überraschte ihn der Befund nach eigenen Worten nicht. Die Akzeptanz der Kirchensteuer werde offensichtlich vermehrt infrage gestellt. Das liege auch daran, dass die gesellschaftliche Bindungsfähigkeit der Kirchen abnehme. „Das geht so weit, dass sich Menschen inzwischen genötigt fühlen, ihre Kirchenmitgliedschaft im Freundes- oder Bekanntenkreis zu rechtfertigen“, erklärte Sellmann und warnte: „Alle, die wollen, dass eine starke Kirche in Deutschland bestehen kann, sollten alarmiert sein.“
Auch unabhängig von der Umfrage und der Kirchensteuer-Frage sieht der Theologe einen „riesigen Vertrauensverlust in die Organisationsfähigkeit der Kirche“. Das sei vor allem für kirchliches Personal und Engagement in den Gemeinden bedauerlich, die zwar noch überwiegend positiv wahrgenommen würden, aber unter der medialen Repräsentation der gesamten Institution litten. „Sie können vor Ort gar nicht so gut sein, wie sie auf größerer Ebene in den Sog der Unglaubwürdigkeit geraten.“