Bei den Krankenkassen wächst die Kritik an der von der Bundesregierung geplanten weiteren Erhöhung der Zusatzbeiträge.
Augsburg – Bei den Krankenkassen wächst die Kritik an der von der Bundesregierung geplanten weiteren Erhöhung der Zusatzbeiträge. „Wenn der Bund sich weigert, das wachsende strukturelle Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung mit einem höheren Steuerzuschuss auszugleichen, muss er den allgemeinen Beitragssatz erhöhen und nicht am Zusatzbeitrag schrauben“, sagte der Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Uwe Klemens, der „Augsburger Allgemeinen“ (Freitag). Auch die Chefin der 1,4 Millionen Mitglieder starken Knappschaft-Krankenkassen, Bettina am Orde, warnte vor einem ruinösen Wettbewerb auf Kosten der Krankenkassen, wenn sich die Bundesregierung ihrer Verantwortung entziehe.
„Das wachsende Defizit liegt nicht am Wirtschaften einzelner Krankenkassen, sondern daran, dass die Politik immer mehr gesamtgesellschaftliche Aufgaben auf die Gesetzliche Krankenversicherung und damit die Beitragszahler abwälzt“, sagte der ehrenamtliche Ersatzkassenverbands-Vorsitzende Klemens. „Deshalb wäre es ein Gebot der Logik, ehrlicherweise den allgemeinen Beitragssatz zu erhöhen, wenn man wie der Bundesgesundheitsminister feststellt, dass die Einnahmen nicht mehr auskömmlich sind und es zugleich keine Leistungskürzungen geben soll“, betonte er.
Ehrlichkeit in der Beitragsdebatte gefordert
Der gesetzlich festgeschriebene allgemeine Beitragssatz in der Krankenversicherung liegt seit 2015 bei 14,6 Prozent. Die Kassen können darüber hinaus einen Zusatzbeitrag erheben; er stieg zum Jahreswechsel von 1,3 auf 1,6 Prozent. Damit soll der Wettbewerb zwischen den Kassen gefördert werden.
Klemens stellte sich damit hinter einen Vorstoß von DAK-Chef Andreas Storm, der zuvor in der „Augsburger Allgemeinen“ Ehrlichkeit in der Beitragsdebatte gefordert und vor einem drohenden unfairen Wettbewerb unter den Krankenkassen gewarnt hatte, wenn der Zusatzbeitrag wie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt weiter steigen sollte.
Auch die Geschäftsführerin der Knappschaft-Krankenkassen am Orde warnte davor, die Kassen für Probleme haftbar zu machen, für die sie nicht verantwortlich seien. „Die Finanzierung, die über die Beitragszahlenden läuft, sollte sich zwingend über den allgemeinen Beitragssatz und keinesfalls über den kassenindividuellen Zusatzbeitrag generieren“, forderte sie. Sie warnte vor unklaren Belastungen durch die geplante Krankenhausreform. „Diese dürfen keinesfalls ausschließlich den Beitragszahlenden auferlegt werden“, warnte am Orde.
Vorschläge zur Vermeidung von Beitragssatzerhöhungen
Die Krankenkassen hätten einmütig Vorschläge gemacht, wie sich Beitragssatzerhöhungen vermeiden ließen. „Die Absenkung der Mehrwertsteuer von Arzneimitteln auf das Niveau von Lebensmitteln oder die auskömmliche Finanzierung der Krankenversicherung von Bürgergeldempfangenden sind Maßnahmen, die auch langfristig stabilisierend wirken würden“, sagte am Orde. Eine finanzielle Entlastung in einer Größenordnung von bis zu 15 Milliarden Euro wäre damit erreichbar.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte den gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zu Jahresbeginn von 1,3 auf 1,6 Prozent angehoben und im Juni eine Erhöhung für 2024 auf maximal 2,0 Prozent vorhergesagt.