Kritik an Bruch von Kirchenasyl und geplanter Abschiebung

Menschenrechtler protestieren gegen die geplante Abschiebung eines kurdischen Ehepaares, das sich in einem Kirchenasyl in Nordrhein-Westfalen befand.
Kritik an Bruch von Kirchenasyl und geplanter Abschiebung

Junger Mann mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Kirchenasyl“ in Münster am 12. Mai 2018.

Menschenrechtler protestieren gegen die geplante Abschiebung eines kurdischen Ehepaares, das sich in einem Kirchenasyl in Nordrhein-Westfalen befand. In einer am Montag verbreiteten Erklärung fordern sie die Behörden auf, das Paar umgehend aus der Abschiebehaft zu entlassen und stattdessen den Fall erneut zu prüfen.

Zudem kritisieren die Organisation Pro Asyl, die Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche und das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW den „seit Jahren einzigartigen, brutalen Bruch des Kirchenasyls“. Kirchenasyle müssten auch künftig geschützte Räume bleiben.

Überstellung nach Polen

Die zuständige Stadt Viersen verwies in einer Stellungnahme darauf, dass sie lediglich die Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge umsetze. Die Vereinbarungen zum Kirchenasyl seien in dem Fall beachtet worden.

Das Ehepaar ist nach Angaben der Menschenrechtler 2021 aus dem Irak geflohen und lebte seit Mai im Kirchenasyl in Räumen der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich/Hinsbeck im Kreis Viersen. Am 10. Juli wurde es während einer unangekündigten Hausdurchsuchung festgenommen und befindet sich nun in Abschiebehaft in Darmstadt.

Den Organisationen zufolge soll es am Dienstag nach Polen überstellt werden, wo es in die EU eingereist war. So sieht es das sogenannte Dublin-Abkommen vor. Ein erster Versuch, das Paar vom Flughafen Düsseldorf in das östliche Nachbarland zu überstellen, war abgebrochen worden, weil die Frau einen Zusammenbruch erlitt.

Kirchenasyl verstößt gegen geltendes Recht

In Polen drohten den Eheleuten Haftlager mit vergitterten Fenstern und Stacheldrahtzäunen sowie die Verweigerung von rechtlicher und medizinischer Hilfe, so die Menschenrechtler. Schon auf ihrer Flucht seien die beiden in dem Land in einem geschlossenen Lager festgehalten und unmenschlich behandelt worden.

Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen christliche Gemeinden oder Ordensgemeinschaften Asylbewerber auf, die von Abschiebung bedroht sind. Nach einhelliger Auffassung verstoßen sie damit gegen geltendes Recht. Gewaltsame Räumungen von Kirchenasylen sind dennoch ungewöhnlich, da die Behörden diesen Schutzraum für Geflüchtete in der Regel respektieren.

Bundesweit gibt es den Organisationen zufolge derzeit rund 425 Kirchenasyle, davon rund 140 in NRW. Dort seien im vergangenen Jahr rund 98 Prozent der Fälle mit einer Bleibeperspektive für die Betroffenen beendet worden.

kna