Armutsgefahr für Kinder – Verbände fordern bessere Hilfen

Knapp 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Deutschland sind armutsgefährdet.
Armutsgefahr für Kinder - Verbände fordern bessere Hilfen

–Symbolfoto:andreas160578 auf Pixabay

Knapp 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Deutschland sind armutsgefährdet. Auch das Risiko für Armut oder soziale Ausgrenzung lag mit 24 Prozent nur knapp unter dem EU-Durchschnitt (24,7 Prozent), wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Sozialverbände pochen erneut auf die Einführung der Kindergrundsicherung. Ein Bündnis mit kirchlicher Beteiligung bringt sogar noch neue Maßnahmen ins Spiel.

„Armut macht krank, grenzt aus und sorgt für weniger Bildungserfolge“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, der Rheinischen Post. Der Verband mahnte deshalb die zügige Einführung der von der Bundesregierung geplanten Kindergrundsicherung an.

Zudem forderte Engelmeier höhere Steuern für Reiche und Vermögende sowie mehr Hilfen für Familien. „Wir müssen an die Erbschaftssteuer, die Vermögenssteuer oder auch den Spitzensteuersatz ran. Es darf keine Steuerschlupflöcher mehr geben.“ Nur so könne verhindert werden, dass die Gesellschaft auseinanderdrifte.

Kindergrundsicherung darf nicht zum Flop werden

Das Hilfswerk Save the Children warnte vor Sparmaßnahmen bei der Einführung der Unterstützungsleistung. „Die Kindergrundsicherung darf nicht zum sozialpolitischen Flop werden“, mahnte die Organisation. Langfristig müssten dazu Arbeitsmarktpolitik, Bildungssystem und Infrastruktur sozialer gestaltet werden.

Unterdessen schlägt ein Bündnis kirchlicher Jugendverbände und Sozialorganisationen ein bedingungsloses Kindergrundeinkommen vor. „Jedes Kind in Deutschland soll Anspruch auf die gleiche finanzielle Unterstützung in Form eines bedingungslosen Kinder- und Jugendgrundeinkommens haben, unabhängig vom Einkommen der Familie“, heißt es in einer Erklärung des Zusammenschlusses.

Das Kindergrundeinkommen soll demnach – ähnlich wie die Kindergrundsicherung – unterschiedliche Leistungen wie das Kindergeld, den Kinderzuschlag, das Bürgergeld für Kinder und den Kinderfreibetrag bündeln. Dabei solle es allen Kindern und Jugendlichen ohne zusätzliche Nachweise und Überprüfungen zustehen. Die Höhe des Betrags müsse sich am steuerrechtlichen Existenz- und Teilhabeminimum für Kinder orientieren und die Inflation berücksichtigen, fordern die Verbände. Bei der geplanten Kindergrundsicherung ist es derzeit völlig unklar, ob es neben der Bündelung der Leistung eine Erhöhung geben wird, die bei dem Grundeinkommen vorgesehen wäre.

Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören den Angaben zufolge der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Attac, AG Genug für alle und die Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen.

Perspektive für Teilhabe ermöglichen

„Die Einführung eines Kindergrundeinkommens ist ein wichtiger Schritt, um allen Kindern und Jugendlichen eine bessere Perspektive für ihre Teilhabe an Gesellschaft, Bildung, Ausbildung und Arbeit zu ermöglichen“, erklärte BDKJ-Bundespräses Stefan Ottersbach. „Jedes Kind ist gleich viel wert, und alle Kinder haben die gleichen Rechte. Dieses Recht muss unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe und Religion gewährleistet sein.“

Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Wert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1.250 Euro netto im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2.625 Euro.

Von Johannes Senk und Birgit Wilke (KNA)