Theologin besorgt über Rechtsruck in Gesellschaft und Kirche

Die katholische Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer beobachtet derzeit einen vergleichbaren Rechtsruck in Gesellschaft und Kirche.

Die katholische Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer beobachtet derzeit einen vergleichbaren Rechtsruck in Gesellschaft und Kirche. „In der Kirche sehe ich das Erstarken der Tradition nicht in dem Sinn, das ‚Feuer‘ weiterzutragen, sondern sich gegen jede Veränderung zu wehren und das Alte zu zementieren“, sagte sie im Interview des Münsteraner Online-Portals kirche-und-leben.de. Nothelle-Wildfeuer, Professorin für Christliche Gesellschaftslehre in Freiburg, äußerte sich auf Fragen nach dem Umfrage-Hoch der AfD sowie des Protests konservativer Katholiken gegen innerkirchliche Reformen. Gesellschaftlich wie kirchlich lägen die Gründe in den komplexen Herausforderungen dieser Zeit. „Es gibt eine Sehnsucht nach alten Zeiten und einfachen Antworten, um die sich stellenden drängenden Fragen übersichtlich zu halten“, so die Theologin.

Innerhalb der Kirche käme als weiteres Motiv eine Entwicklung weg vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) hinzu. Während das Konzil vor allem auf den Menschen und seine Würde geschaut habe, wollten heute zunehmend mehr Gläubige an einer abstrakten Wahrheit festhalten. „Wer sich im Besitz dieser Wahrheit glaubt, verurteilt Andersdenkende als Häretiker“, so Nothelle-Wildfeuer.

Zur Debatte um das Verhältnis von CDU und AfD sagte die Professorin: „Natürlich wird es vorkommen, dass die AfD mit den demokratischen Parteien zum Beispiel auf kommunaler Ebene bei Sachfragen abstimmt, das wird man nicht verhindern können.“ Mit Hilfe der AfD aber für eigene Anliegen Mehrheiten zu organisieren, sei keine mögliche Form von Kooperation.

„Dass Thorsten Frei, ein Bundespolitiker einer Partei, die das C im Namen trägt, das individuelle Grundrecht auf Asyl abschaffen will, das geht gar nicht“, mahnte Nothelle-Wildfeuer. Zudem verböten die Grundsätze der christlichen Sozialethik ein Konkurrenzdenken – „zum Beispiel in der Diskussion, ob Geflüchtete schneller oder besser unterstützt werden als Menschen, die schon länger in prekären Verhältnissen in diesem Land leben“.

kna