Allererster Urlaub nach rund 60 Jahren

Das Bauern-Paar aus Klingsmoos in Oberbayern, 62 und 56 Jahre alt, ist erst jetzt zum ersten Mal überhaupt länger von zu Hause fort gewesen.

Für viele Menschen dürfte das unvorstellbar sein: nie in den Urlaub zu fahren. Für Ludwig und Roswitha Rieß war das lange Zeit normal. Das Bauern-Paar aus Klingsmoos in Oberbayern, 62 und 56 Jahre alt, ist erst jetzt zum ersten Mal überhaupt länger von zu Hause fort gewesen. Eine Woche haben die Rießens sich den Vatikan angeschaut. Zur Erklärung für den späten ersten Urlaub sagte Roswitha Rieß in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Wir haben bis letztes Jahr Kühe gehabt. Und mit Kühen geht das nicht.“

In den Vatikan sind die Rießens auf Einladung eines befreundeten Paters gefahren. Gewohnt hätten sie „beim Papst ums Eck“, so Ludwig Rieß. Eines der Highlights seien die Vatikanischen Gärten gewesen. „Traumhaft!“, ergänzte Roswitha Rieß. „Überall Palmen, Kakteen und Papageien, so was hatten wir noch nie gesehen. Auch am Hubschrauberlandeplatz vom Papst waren wir!“ Ludwig Rieß fügte hinzu, seine Frau und er hätten dank des Paters Sachen gesehen, zu denen kein Normalsterblicher hinkomme. „Das war ja kein Pauschaldings-Schmarrn, was wir gemacht haben.“

Auf die Frage, ob sie sich im Vatikan dem Himmel ein Stück näher gefühlt habe, sagte Roswitha Rieß: „Ich war ehrlich platt von dem ganzen Prunk. Das hat mich persönlich schon richtig berührt. Weißt, da denkst: Ja, du hast doch den richtigen Glauben. Die ganzen Heiligen, diese Kunst, die Pieta im Petersdom, das Grab vom Papst Benedikt – das alles hat mich wirklich im Innersten sehr angesprochen. Auch, dass alles da so alt ist. Mei, hab ich mal gedacht, vielleicht ist über dieses Pflaster da schon der Jesus gelaufen.“

Ludwig Rieß erzählte: „Da stehen schon viele Kirchen. Und was für welche. Allein der Petersdom – gigantisch! Und wir waren in der Papstaudienz. Das war ein Erlebnis. Aber meinen Glauben, den hab ich überall – am Feldkreuz wie im Vatikan.“

Nach Ferien gesehnt hätten sich die Eheleute früher nicht, sagte Roswitha Rieß: „Nein, wir kannten ja gar keinen Urlaub. Wir kommen beide aus der Landwirtschaft. Man hat einen Hof, man kann nicht fort, so war das immer.“ Ihr Mann erklärte: „Mei, mir ist nie was abgegangen. Die Landwirtschaft war von klein auf mein Ding, die Maschinen besonders. Ich tät mein Leben wieder so leben.“

kna