Erster Aids-Seelsorger schämt sich oft für seine Kirche

Der Theologe und erste Aids-Seelsorger in Deutschland Petrus Ceelen kritisiert die Sexualmoral der katholischen Kirche und deren Umgang mit Homosexualität.
Erster Aids-Seelsorger schämt sich oft für seine Kirche

–Foto: Pixabay

Der Theologe und erste Aids-Seelsorger in Deutschland Petrus Ceelen kritisiert die Sexualmoral der katholischen Kirche und deren Umgang mit Homosexualität. „Als Aids-Seelsorger hatte ich besonders viel mit Schwulen zu tun. Gerade bei diesen Menschen habe ich mich am meisten dafür geschämt, dass ich katholisch bin“, sagte der 80-Jährige dem Portal katholisch.de (Montag): „Weil meine katholische Kirche Homosexuellen so viel Leid zugefügt hat. Die Menschen wurden so verurteilt und abgewertet.“

Manche hätten ihm gesagt: „Muss ich erst Aids haben, um von deiner Kirche angenommen zu werden?“ Oder: „Ihr segnet uns doch erst, wenn wir im Sarg liegen.“ Solche Sätze hätten ihm als Mann der Kirche sehr weh getan, so Ceelen weiter. Immer wieder habe er sich „bei Schwulen und Lesben für das zugefügte Leid entschuldigt, auch wenn es unentschuldbar war“.

Kirchliche Sexualmoral als Glatteis

Die kirchliche Sexualmoral habe er als „Glatteis“ empfunden, fügte er hinzu. Er habe „immer das Gefühl gehabt, dass Sex mit Schmutz und Sünde gleichgesetzt wurde“. In der Kirche gehalten habe ihn aber seine Arbeit als Seelsorger, ergänzte der 80-Jährige.

Dabei habe er erlebt, „wie gut es den Menschen getan hat, dass sie ihren seelischen Müll bei mir abladen konnten“. Da zu sein für Menschen, die ihn brauchen, habe ihn immer mit Sinn erfüllt: „Die Menschen mit den leeren Händen, die haben mir am meisten gegeben. Ich bin erst durch die Gefangenen, Obdachlosen, Drogenabhängigen und Aids-Kranken der Mensch geworden, der ich heute bin. Dafür bin ich dankbar.“

Immer noch für Beerdigungen angefragt

Der in Belgien geborene Theologe ist vor kurzem schwer an Lungenkrebs erkrankt, an dem auch seine Frau vor zwei Jahren starb. Dazu sagte er: „Ich bin über 80 Jahre alt. Ich kann mich auf das, was vor mir liegt, innerlich vorbereiten. Die meisten Menschen, die ich als Aids-Seelsorger beerdigt habe, waren nicht einmal halb so alt wie ich.“

Obwohl er seit vielen Jahren in Rente sei, werde er immer noch für Beerdigungen angefragt, berichtete Ceelen: „Das mache ich gerne. Ich begleite auch Menschen beim Trauern oder beim Sterben.“

Er glaube, dass mit dem Tod nicht alles aus ist, fügte er hinzu. In seinem letzten Buch, an dem er gerade arbeite, beschreibe er, „wie schön es wäre, wenn ich meine Frau nach dem Tod wiedersehen würde. Wenn ich mir das ausmale, dann kommen mir die Tränen.“ Jeden Tag lebe er so, als wäre es sein letzter: „Gleichzeitig möchte ich so leben, als hätte ich noch hundert Jahre. So lebe ich richtig gelassen, und lasse ‚es‘ auf mich zukommen.“

kna