Die Schriftstellerin Barbara Honigmann ist am Montagabend mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet worden.
Frankfurt – Die Schriftstellerin Barbara Honigmann ist am Montagabend mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main ausgezeichnet worden. Kulturdezernentin Ina Hartwig würdigte die Preisträgerin in der Paulskirche als bedeutende Chronistin jüdischen Lebens im geteilten Deutschland.
Der Liedermacher Wolf Biermann, ein langjähriger Freund und Weggefährte Honigmanns, sagte in seiner Laudatio: „Etwas Besonderes prägte Leben und Werk von Barbara Honigmann wie auch das meine. Wir blieben in Deutschland Ausnahme-Exemplare, denn beide waren wir in diese Welt als Juden- und Kommunisten-Kinder geraten.“
Weg als Deutsche ist markiert von Goethe
Honigmann sagte in ihrer Dankesrede, ihr Weg als Deutsche sei vielfach markiert von Goethe-Lektüren, Goethes Theater, Goethes Gedichten, Goethes Prosa. „Mein Weg als Jüdin ist geprägt von Exil-Erzählungen und Überlebensgeschichten und von dem tief in mich eingepflanzten und stets anwesenden Gefühl von einem ‚Wir‘, die Juden, und ‚die‘, die Deutschen, unter denen wir lebten.“ Ihre intensive Beschäftigung mit dem Judentum vor dem Hintergrund der Schoah verbinde sie auch mit anderen jüdischen Autorinnen und Autoren der nachgeborenen Generation, etwa Robert Schindel, Maxim Biller, Robert Menasse, Esther Dischereit oder Rafael Seligmann. „Alle diese Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die sich in keiner Weise als Gruppe empfinden oder gar konstituiert haben, schreiben aus den Erfahrungen ihrer jüdischen Herkunft, einer Art Selbstbefragung, wer sind wir, wo gehören wir hin, wo ist unser Platz, wie halten wir es mit dem schwierigen Erbe unserer Familien, wohin gehen unsere Wege.“
Honigmann wurde 1949 in Berlin geboren. Ihre Eltern hatten im Exil überlebt und waren 1947 zurückgekehrt, um den Aufbau eines besseren Deutschlands zu unterstützen. Sie studierte Theaterwissenschaften an der Humboldt-Universität und war anschließend als Dramaturgin und Regisseurin in Brandenburg und an der Volksbühne in Berlin tätig. Seit 1975 arbeitet sie als freie Schriftstellerin. Schon bevor sie 1984 aus der DDR ausreiste, begann sie, sich intensiv mit ihren jüdischen Wurzeln auseinander zu setzen, was in einem Bekenntnis zum orthodoxen Judentum mündete.
Auseinandersetzung mit jüdischenWurzeln
Zu ihre wichtigsten Büchern zählen etwa „Roman von einem Kinde. Erzählungen“ (1986), „Soharas Reise“ (1996), „Alles, alles Liebe“ (2000), „Bilder von A.“ (2011), „Chronik meiner Straße“ (2015) und „Georg“ (2019). Honigmann wurde auch mit dem Kleist-Preis 2000, dem Jean-Paul-Preis für das Lebenswerk (2021) und 2022 mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgezeichnet. Honigmann ist auch Bildende Künstlerin und lebt mit ihrem Mann in Straßburg.
Der Preis wird alle drei Jahre am Geburtstag Goethes, dem 28. August, verliehen und ist mit 50.000 Euro dotiert. Die letzten Preisträger waren 2020 Dzevad Karahasan und 2017 Ariane Mnouchkine. Frühere Preisträger waren Sigmund Freud (1930), Hermann Hesse (1946) und Thomas Mann (1949). Erster Goethepreisträger war 1927 Stefan George.