Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, hat die vor fünf Jahren veröffentlichte Studie zu sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche als Meilenstein bezeichnet.
Berlin – Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, hat die vor fünf Jahren veröffentlichte Studie zu sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche als Meilenstein bezeichnet. Erstmals sei im Auftrag einer Institution eine bundesweite Erhebung zu sexuellem Missbrauch in den eigenen Strukturen durchgeführt worden, sagte Claus auf Anfrage am Donnerstag in Berlin. Das habe bislang noch keine andere Institution in dieser Form gemacht.
Die MHG-Studie war ein Forschungsprojekt, das die Deutsche Bischofskonferenz in Auftrag gegeben hatte, um das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Deutschland zu ermitteln. Das Kürzel MHG steht dabei für die Standort der Forschungsinstitute in Mannheim, Heidelberg und Gießen. Mehr als 38.000 Personalakten von Klerikern wurden überprüft, beginnend ab 1946 bis 2014. Den 1.670 potenziellen und tatsächlichen Tätern stehen mindestens 3.677 Kinder und Jugendliche gegenüber, die von sexuellem Missbrauch betroffen waren. Die Untersuchung wurde am 25. September 2018 veröffentlicht.
Claus sagte einschränkend, die Studie zeige nur ein lückenhaftes Bild des tatsächlichen Ausmaßes sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der katholischen Kirche. Spätestens seit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung gehe es für die katholische Kirche um die Frage der Verantwortungsübernahme – „nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Gegenwart und Zukunft, um sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen künftig bestmöglich zu verhindern“, so Claus.
Es habe sich gezeigt, dass Maßnahmen häufig spät und nur durch großen externen Druck möglich und bis heute nicht umfassend gelöst worden seien, so die Missbrauchsbeauftragte weiter. Dies werde gerade in der Frage der Entschädigung von Betroffenen immer wieder deutlich. Claus verwies in diesem Zusammenhang auf Gerichtsurteile, die die „katholische Kirche unter Zugzwang bringen, jetzt die Höhe der Anerkennungsleistungen erneut nach oben anzupassen“.
Sie kritisierte, dass es viel zu oft von der Kompetenz und dem Engagement Einzelner abhänge, wie umfassend die Lehren aus der Studie vor Ort tatsächlich verstanden und dann umgesetzt würden. Fortschritte seien aber durch die vor drei Jahren unterzeichnete „Gemeinsame Erklärung“ erzielt worden, in deren Folge Aufarbeitungskommissionen und Betroffenenräte in Bistümern konstituiert und weitere Studien in Auftrag gegeben worden seien.