Deutschland muss nach Auffassung der Vereinten Nationen mehr für die Inklusion von Kindern mit Behinderungen in reguläre Schulen tun.
Genf – Deutschland muss nach Auffassung der Vereinten Nationen mehr für die Inklusion von Kindern mit Behinderungen in reguläre Schulen tun. Zum Ende einer turnusmäßigen Überprüfung forderte der UN-Fachausschuss für Rechte von Behinderten die Bundesregierung auf, den Übergang vom Sonderschulmodell zu inklusiver Bildung auf Länder- und Kommunal-Ebene zu beschleunigen. Dafür müsse es einen konkreten Zeitrahmen, das nötige Personal und Geld sowie klare Verantwortlichkeiten für die Umsetzung und Überwachung geben, hieß es in den abschließenden Bemerkungen, die am Mittwoch in Genf veröffentlicht wurden.
Der Ausschuss äußerte sich besorgt über die unzureichende Umsetzung inklusiver Bildung, die in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vorgesehen ist. Laut der Konvention widerspricht schon allein die Existenz von Förderschulen dem völkerrechtlichen Abkommen. Kinder mit Behinderungen und ihre Familien hätten in Deutschland bei der Aufnahme in eine Regelschule und beim Erwerb eines Schulabschlusses viele Hindernisse zu überwinden, so die Experten.
Bereits vor der Ausschusssitzung in Genf hatte der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, beklagt, die Gleichstellung von Behinderten komme in vielen Bereichen teils seit Jahren nicht voran. Echte Baustellen gebe es etwa bei Barrierefreiheit, Teilhabe am Arbeitsleben und inklusiver Bildung, erklärte Dusel von zwei Wochen.
Auch der frühere Behindertenbeauftragte Hubert Hüppe hatte der bis 2021 CDU-geführten Bundesregierung und ihrer Nachfolgerin aus SPD, Grünen und FDP Versäumnisse vorgeworfen. Noch 14 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur UN-Behindertenkonvention sei Deutschland weit von einer inklusiven Gesellschaft entfernt, erklärte Hüppe, Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, anlässlich der Überprüfung in Genf.
„Die Staatenprüfung hat deutlich gemacht, dass in keinem anderen Land mehr Menschen mit Behinderung in Sondereinrichtungen landen als in der Bundesrepublik“, so Hüppe. Dazu zählten vor allem Förderschulen, Behindertenwerkstätten und stationäre Wohneinrichtungen, in denen Menschen mit Behinderung „abgeschoben und in ihren Entfaltungsmöglichkeiten eingeschränkt“ würden. Hüppe war von 2010 bis 2014 Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen.