Papst Pius XII. (1939-1958) wusste offenbar bereits seit Dezember 1942 von der Massenvernichtung von Juden im Dritten Reich.
Statue von Papst Pius XII. in Fatima in Portugal. -Foto: © Joaquin Ossorio Castillo | Dreamstime.com
Rom – Papst Pius XII. (1939-1958) wusste offenbar bereits seit Dezember 1942 von der Massenvernichtung von Juden im Dritten Reich. Wie die italienische Zeitung Corriere della Sera berichtet, ist in den Archiven des Vatikans der Brief eines deutschen Jesuiten namens Lothar König aufgetaucht. Er spricht davon, dass im „Hochofen“ des Lagers Belzec im besetzten Polen „jeden Tag bis zu 6.000 Menschen sterben, die meisten von ihnen Juden und Polen.“ Im Vernichtungslager Belzec im Südosten Polens starben zwischen März und Dezember 1942 mehr als 400.000 Menschen.
Auch das KZ Auschwitz wird laut dem Zeitungsbericht in dem Brief erwähnt. Für Sonntag kündigte die Zeitung die Veröffentlichung eines Interviews mit dem Vatikan-Archivar Giovanni Coco an, der den Brief entdeckt habe.
Der Brief des Jesuiten an den deutschen Privatsekretär des Papstes, Robert Leiber, datiert laut dem „Corriere“ vom 14. Dezember 1942. Zehn Tage später beklagte Pius XII. in seiner von Radio Vatikan weltweit übertragenen Weihnachtsansprache, dass „Hunderttausende Menschen ohne irgendeine Schuld und nur aufgrund ihrer Nationalität oder Rasse in den Tod geschickt werden.“
Die Rolle des Papstes in der Nazi-Ära und im Zweiten Weltkrieg ist seit Jahrzehnten umstritten. Kritiker werfen Pius XII. vor, von den Gräueltaten der Nazis gewusst und dennoch geschwiegen zu haben. Andere weisen darauf hin, dass er und der Vatikan Tausenden Juden durch Verstecke in Klöstern und durch Visa das Leben gerettet hätten.
Die Archive aus der fraglichen Zeit sind erst seit wenigen Jahren für unabhängige Forscher zugänglich. In Rom findet vom 9. bis 11. Oktober ein internationaler Kongress an der Päpstlichen Universität Gregoriana statt. Er soll die Folgen der neuesten Forschungsergebnisse für das jüdisch-christliche Verhältnis beleuchten.
