Der Katastrophenschutz in Deutschland muss aus Sicht des Malteser Hilfsdienstes auf breitere Füße gestellt werden.
Köln – Der Katastrophenschutz in Deutschland muss aus Sicht des Malteser Hilfsdienstes auf breitere Füße gestellt werden. Auch im Rettungsdienst müsse die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung gestärkt werden, fordert der Präsident der Hilfsorganisation, Georg Khevenhüller, im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Wir kommen als Verband, aber auch als Gesellschaft, ohne verstärkte ehrenamtliche Arbeit nicht weiter.“ Er äußerte sich zum 70-jährigen Geburtstag des Malteser Hilfsdienstes, der am 30. September in Köln gefeiert wird.
„Die Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz, die Corona-Pandemie und auch der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine zeigen uns, wie verletzlich unsere Gesellschaft ist und wie schnell wir im Gesundheitssystem und der Katastrophenhilfe an unsere Grenzen stoßen“, sagte Khevenhüller. „Längerfristige und große Notlagen lassen sich mit den derzeit bestehenden Strukturen kaum bewältigen.“
Der Verbandspräsident sprach sich dafür aus, Menschen jeden Alters und jeglicher Herkunft medizinisch, pflegerisch und technisch so auszubilden, dass sie im Katastrophenfall zur unmittelbaren Gefahrenabwehr beitragen können. Die Malteser hätten dazu das Konzept eines auf vier Jahre angelegten freiwilligen „Gesellschaftsdienstes im Bevölkerungsschutz“ entwickelt. Zwar habe die Politik anfangs großes Interesse gezeigt. Inzwischen habe er allerdings den Eindruck gewonnen, dass die Ampelkoalition diesen Weg der Stärkung des Bevölkerungsschutzes in dieser Legislaturperiode nicht mehr anpacken wolle, sagte Khevenhüller. Das sei angesichts der vielfältigen gegenwärtigen Probleme nachvollziehbar. „Allerdings ich bin mir sicher: Die nächste Katastrophe kommt bestimmt. Und dann stellt sich die Frage, ob wir gut aufgestellt sind.“
Auch im Rettungsdienst fordert die katholische Hilfsorganisation eine bessere Gesundheitsausbildung der Bevölkerung. „Wir beteiligen uns als Malteser daran, Ersthelfer-Alarmierungssysteme einzurichten wie zum Beispiel den Gemeindenotfallsanitäter oder den first responder. Wenn jemand auf der Straße oder am Arbeitsplatz zusammenbricht und oder sich ein Unfall ereignet, können Ersthelfer, die sich in der Nähe aufhalten, über Smartphone-Apps alarmiert werden und Erste Hilfe leisten bis der Notarzt eintrifft.“
Khevenhüller forderte zugleich ein „breites Netzwerk im Kampf gegen Einsamkeit“ in Deutschland. Einsamkeit insbesondere älterer Menschen sei ein „riesiges und zunehmend bedrückendes Problem“ in der Gesellschaft. „Familienstrukturen verändern sich, und insbesondere immer mehr ältere Menschen fühlen sich komplett alleingelassen. Das Gefühl, nicht mehr dazuzugehören und nicht mehr gebraucht zu werden, weckt Depressionen und Suizidgedanken.“