Mit einer nur verhaltenen Verurteilung des Hamas-Terrors setzt der Kulturbetrieb in Deutschland nach Ansicht des Historikers Meron Mendel ein ungutes Zeichen.
Dresden – Mit einer nur verhaltenen Verurteilung des Hamas-Terrors setzt der Kulturbetrieb in Deutschland nach Ansicht des Historikers Meron Mendel ein ungutes Zeichen. „Wenn man sich in einem Fall äußert, etwa zum Angriffskrieg gegen die Ukraine, und bei einem anderen Fall schweigt, wie beim Terrorangriff der Hamas, dann wird das Schweigen zum politischen Statement. Damit wird implizit gesagt: Jüdische Zivilisten zu morden, sei nicht so schlimm, wie wenn dies ukrainischen Zivilisten geschieht“, sagte der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt/Main der „Sächsischen Zeitung“ (Dienstag).
Ein relativierender, vereinfachender Blick auf den Nahostkonflikt gehöre in der Linken und in Teilen der Kulturszene zum Alltag, konstatierte Mendel. „Wenn Queerfeministinnen auf Demos die Hamas feiern und ‚Frau Leben Freiheit‘ rufen, ist das ein schrecklicher Missbrauch des Slogans der iranischen Protestbewegung. Der Befreiungskampf der kurdischen und iranischen Frauen richtet sich gegen das Regime in Teheran, das die Hamas unterstützt. Das macht mich sprachlos.“
Mendel berät auch Kulturinstitutionen zum Thema Antisemitismus. Grundsätzlich seien zwei Aspekte wichtig: Wissen und Haltung. „Das Wissen kann man sich aneignen, um genau differenzieren zu können, wann ein menschenverachtender, sexistischer, homophober, antisemitischer oder antimuslimischer Inhalt propagiert wird und wann nicht“, erläuterte der Historiker. Er beobachte aber häufig, dass Führungskräfte erstarrten oder verharmlosten, wenn es zu Diskriminierungen kommt: „Oder sie verstecken sich hinter vagen Aussagen. Manchmal muss man Haltung zeigen, auch wenn klar ist, dass man von der eigenen Community Gegenwind bekommt. Das fällt vielen schwer.“
Mendel beriet als externer Experte die Documenta 15, legte das Amt aber im Juli 2022 nieder, weil er nach eigenem Bekunden einen ernsthaften Willen vermisste, die Vorgänge des Antisemitismus-Skandals aufzuarbeiten und in einen ehrlichen Dialog zu treten.